„Dass Pogacar Van der Poel am Oude Kwaremont abhängt, sagt alles“ – Evenepoel über die Brutalität der Ronde vor möglichem Debüt

Radsport
Donnerstag, 27 November 2025 um 19:00
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Sollte Remco Evenepoel 2026 tatsächlich sein lange erwartetes Debüt bei der Ronde van Vlaanderen geben, könnte er direkt in eine der härtesten Austragungen der jüngeren Geschichte geraten.
So beurteilt es zumindest Analyst Benji Naesen, der Evenepoels physische Voraussetzungen zwar als ernsthafte Trumpfkarte einstuft, zugleich aber davor warnt, dass das moderne Flandern – geprägt von der Dominanz eines Tadej Pogačar und Mathieu van der Poel – keinerlei Zögern verzeiht.
Gegenüber Het Nieuwsblad verwies Naesen auf Pogacars Demontage Van der Poels am Oude Kwaremont als Sinnbild dafür, wie selektiv die Ronde inzwischen geworden ist: „Dass Pogačar Van der Poel am Oude Kwaremont vom Hinterrad fahren kann, zeigt, wie hart die Ronde heute ist. Da geht es längst nicht mehr nur um Explosivität.“
Gerade deshalb sollte Evenepoel die Herausforderung annehmen, statt sie weiter aufzuschieben, meint Naesen. „Wenn die Ronde früh offen ist, spielt das Evenepoel eher in die Karten. Das Feld wird kleiner, und die Positionierung vor den Anstiegen verliert an Bedeutung.“
Es ist eine Einschätzung, die in deutlichem Kontrast zur anfänglichen Skepsis steht, die einst auch Pogačars Klassikerpläne begleitete. Wie Marc Sergeant in derselben Gesprächsrunde erinnerte: „Als Pogacar ankündigte, zum ersten Mal die Ronde zu fahren, dachten wir alle: Was will der hier? Eine Woche später wussten wir es.“

Er bleibt nicht 25 – kommt die Chance auf den Sieg, muss er sie nutzen

Ex-Profi und Analyst Dirk De Wolf ist überzeugt, dass Remco Evenepoel nicht nur in der Lage ist, die Ronde van Vlaanderen zu fahren – er sollte das Monument sogar priorisieren, solange Frische und Explosivität noch echte Siegfaktoren sind.
„Das Finale ist brutal hart: zweimal Oude Kwaremont, zweimal Paterberg, dazu der Koppenberg. Remco kann das. Ja, es sind Kopfsteinpflaster, aber bergauf. Dort kann er seine Watt auspacken, und seine Statur kommt ihm entgegen“, erklärt De Wolf.
Gerade deshalb rät der Belgier davon ab, ein Debüt weiter hinauszuzögern. „Er bleibt nicht ewig 25. Wenn sich die Chance auf einen Sieg bietet, muss man sie ergreifen. Wartest du bis 33, ist es zu spät.“
De Wolf skizzierte sogar einen idealen Frühjahrskalender, mit dem Evenepoel sowohl große Pflaster- als auch Hügelklassiker ins Visier nehmen könnte, ohne seine Sommerziele zu gefährden: „Man kann Brabantse Pijl und das Amstel Gold Race auslassen und trotzdem Milano–Sanremo sowie die Ronde van Vlaanderen fahren. Genau das würde ich ihm empfehlen.“

Warum Evenepoel besser zu Flandern passt, als viele glauben

Naesen und De Wolf eint die gleiche Grundüberzeugung: Remco Evenepoel verfügt über den Motor, die Aerodynamik und vor allem die anhaltende Kletterhärte, um die entscheidende Phase der Ronde van Vlaanderen zu überstehen – und sie aktiv zu prägen.
Die langen, zermürbenden Beschleunigungen am Oude Kwaremont liegen ihm naturgemäß, während die wiederholten Anstiege jene Fahrer belohnen, die konstant hohe Leistung abrufen können – nicht solche, die ausschließlich auf kurze Explosivität setzen. Es ist genau jenes Terrain, auf dem Klassement-Qualitäten zur scharfen Waffe werden, wie Tadej Pogacar zuletzt eindrucksvoll demonstrierte.
Zusätzlich stützt Evenepoels zweiter Platz bei den jüngsten Weltmeisterschaften auf Kopfsteinpflaster dieses Argument.
Komplex wird die Rechnung jedoch durch eine Schwäche, auf die Naesen immer wieder hinweist: die Positionierung. Im vergangenen Frühjahr fand sich Evenepoel mehrfach zu weit hinten vor Schlüsselanstiegen wieder – ein Muster, das Naesen als „echtes Problem“ bezeichnete. Ein Defizit, das ein Team wie UAE auf der Cipressa oder in den frühen Pflasterpassagen Flanderns gnadenlos ausnutzen würde.

Das einzige Hindernis? Seine Grand-Tour-Ambitionen

Der einzige Faktor, der Evenepoel von einem möglichen Doppel aus Milano–Sanremo und der Ronde van Vlaanderen abhalten könnte, ist seine Grand-Tour-Planung für 2026.
Eine Giro–Tour-Kombination würde die Klassikerambitionen voraussichtlich komplett verdrängen, während ein reines Tour-de-France-Programm Raum für ein ambitioniertes Frühjahr ließe. Wie die Analysten von Het Nieuwsblad anmerken, macht Evenepoels Wechsel zu Red Bull – BORA – hansgrohe einen Tour-Start nahezu unvermeidlich – und es ist kaum zu erwarten, dass das Team bei der Vorbereitung auf das wichtigste Rennen des Jahres Risiken eingeht.
Entscheidet sich Evenepoel jedoch für den Klassikerpfad, sehen Naesen und De Wolf ein seltenes Zeitfenster. Ihre Botschaft ist eindeutig: Je länger Evenepoel wartet, desto gnadenloser wird Flandern.
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