Simon Yates blieb lange im Schatten – und genau das war der Plan. Beim Giro d’Italia 2025 hielt sich der Brite, Hoffnungsträger von
Visma - Lease a Bike, bewusst zurück. Während sich die Favoriten belauerten und Schlagzeilen schrieben, arbeitete Yates still und effizient. Erst auf der 20. Etappe trat er ins Rampenlicht – mit einem fulminanten Angriff am Colle delle Finestre, der ihm das Maglia Rosa und den zweiten Grand-Tour-Sieg seiner Karriere einbrachte.
Doch selbst im eigenen Team staunte man über die Effektivität seiner Tarnung. Jesper Mørkøv, Sportlicher Leiter bei Visma, verriet im Café Eddy-Podcast: „Im Radio Tour, wenn sie Fahrer benennen und gruppieren – ‚das ist die Roglic-Gruppe‘ und so weiter – wurde Simon Yates nie erwähnt. Nicht ein einziges Mal. Und das, obwohl er auf Platz drei der Gesamtwertung lag. Es war fast lustig, wie unsichtbar er war.“
Yates’ Unscheinbarkeit wurde zum Running Gag unter den Sportdirektoren: „Wir haben uns gefragt: ‚Ist Simon hier?‘“, erzählt Mørkøv. Doch die Gelassenheit wich in der letzten Woche dem Ernst des Rennens. Denn still und leise hatte sich Yates in eine perfekte Position manövriert – strategisch klug, fernab jeder Aufmerksamkeit.
Der entscheidende Moment kam dann auf der legendären 20. Etappe – ausgerechnet am Colle delle Finestre, jenem Berg, an dem Yates 2018 spektakulär eingebrochen war. Dieses Mal aber drehte er das Drehbuch um. „Wir dachten: Okay, das könnte tatsächlich in unsere Richtung gehen“, schildert Mørkøv die Stimmung im Teamwagen. „Del Toro und Carapaz griffen sich gegenseitig an – und Simon nutzte genau das. Er wartete geduldig, setzte seinen Zug und riss die entscheidende Lücke.“
Was viele als Überraschungssieg sehen, war in Wahrheit das Resultat strategischer Kälte, Teamarbeit und der Fähigkeit, den richtigen Moment zu erkennen. Simon Yates war vielleicht unsichtbar – bis er nicht mehr aufzuhalten war.