Michael Matthews steht vor einem der wichtigsten Momente seiner Karriere. An diesem Wochenende wird der Australier bei der Bretagne Classic 2025 in Plouay sein lang ersehntes Comeback geben – nur zwei Monate nach einer Diagnose, die seine Laufbahn beinahe abrupt beendet hätte.
Vom Schock zur Rückkehr
Im Juni erlebte Matthews einen gesundheitlichen Albtraum. Während eines Höhentrainingslagers diagnostizierten Ärzte eine Lungenembolie – eine gefährliche Verstopfung in den Lungenarterien, die meist durch Blutgerinnsel entsteht. Die Krankheit kann die Atmung massiv einschränken, das Herz belasten und im schlimmsten Fall lebensbedrohlich sein. Für den 34-Jährigen bedeutete das sofort das Saison-Aus, noch bevor die Tour de France überhaupt begonnen hatte.
Die Nachricht schlug in der Radsportwelt ein wie ein Blitz. Matthews, einer der erfahrensten und konstantesten Fahrer im Peloton, musste von einem Tag auf den anderen sämtliche sportlichen Aktivitäten einstellen. Ärzte von
Team Jayco AlUla betonten zwar, dass sein Zustand stabil sei, dennoch empfahlen sie absolute Vorsicht. „Es war eine harte, aber richtige Entscheidung“, erklärte das Team damals.
Matthews ist wieder im Einsatz
Ein besonderer Ort für das Comeback
Umso bemerkenswerter ist die Rückkehr jetzt – und passender könnte der Ort kaum sein. Plouay gilt für Matthews als gutes Pflaster. 2020 gewann er den französischen Klassiker nach einer taktisch klugen und kraftvollen Vorstellung. Auch in anderen Jahren lieferte er dort starke Leistungen ab. Die anspruchsvolle Strecke mit ihren vielen Höhenmetern und kurzen, explosiven Anstiegen liegt dem Allrounder.
„Ich freue mich unglaublich, wieder eine Startnummer anzustecken“, sagte Matthews in einer Team-Mitteilung. „Die letzten Monate waren nicht leicht, aber ich fühle mich bereit. Plouay ist ein Rennen, an das ich viele gute Erinnerungen habe. Ich habe hier schon Siege und Podiumsplätze gefeiert, und es ist ein Kurs, der mir wirklich liegt. Mit dem Team an meiner Seite möchte ich die Saison mit einem Highlight beenden.“
Jayco AlUla setzt auf Breite
Das Team Jayco AlUla reist mit einer starken Besetzung nach Frankreich. Mauro Schmid, frischgebackener Schweizer Meister, bringt Kletterstärke und Rennhärte mit. Filippo Conca, der neue italienische Meister, gibt der Mannschaft zusätzliche Durchschlagskraft. Der Deutsche Felix Engelhardt könnte bei einem Sprint aus einer kleinen Gruppe seine Chance suchen. Ergänzt wird die Auswahl durch Davide De Pretto, den erfahrenen Alessandro De Marchi und den kampfstarken Filippo Zana.
Damit ist Matthews nicht alleinige Hoffnungsträger. Das Team setzt bewusst auf mehrere Optionen – ein kluger Schachzug, angesichts der 261,7 Kilometer langen Strecke mit fast 4800 Höhenmetern.
Sportdirektor Pieter Weening weiß um die Schwere der Aufgabe. „Es ist fantastisch, Michael zurück im Rennen zu haben“, sagte er. „Natürlich wird es für ihn ein harter Wiedereinstieg, schließlich ist es ein langes und anspruchsvolles Rennen. Aber Michael ist ein Profi durch und durch, er hat sich gewissenhaft vorbereitet. Ich bin sicher, dass er konkurrenzfähig sein wird.“
Weening betonte zudem die Stärke des gesamten Teams: „Wir haben Mauro, der auf diesem Terrain sehr stark ist, dazu Felix und Zana, die ebenfalls Chancen haben. Unser Ziel ist es, mit so vielen Fahrern wie möglich ins Finale zu kommen. Die Bretagne Classic ist ein ehrliches Rennen – am Ende entscheidet nur, wer die Beine hat.“
Matthews’ Kampfgeist
Für Matthews bedeutet der Start in Plouay mehr als nur eine sportliche Rückkehr. Er zeigt damit auch, dass er sich von einem ernsthaften gesundheitlichen Rückschlag nicht unterkriegen lässt. In einer Karriere, die bereits Weltmeistertitel, Etappensiege bei allen drei Grand Tours und zahlreiche Klassiker-Erfolge umfasst, markiert dieses Comeback ein neues Kapitel – eines, das vom Durchhaltevermögen und von der Leidenschaft für den Radsport erzählt.
Die Bretagne Classic 2025 wird damit nicht nur ein sportliches Kräftemessen der besten Klassiker-Spezialisten der Welt, sondern auch eine Bühne für eine der emotionalsten Geschichten dieser Saison. Ob Matthews am Ende um den Sieg mitfahren kann, bleibt offen. Doch schon sein Start ist ein Sieg an sich – für ihn, sein Team und die gesamte Radsportwelt.