Tadej Pogacar reist als einer der Top-Favoriten zum GP Québec 2025 nach Kanada. Zum ersten Mal seit dem Ende der Tour de France im Juli, wo er sich zum vierten Mal das Gelbe Trikot sicherte, wird der Weltmeister wieder im Einsatz sein. Der Slowene muss sich beweisen, nachdem er im Vorjahr nur Siebter wurde. Damals entschied ein später Sprint das Rennen, den Michael Matthews vor
Biniam Girmay gewann. Pogacar war frustriert über dieses Finale, kehrt nun aber mit dem festen Ziel zurück, den Sieg anzugreifen. Neben ihm steht mit
Wout Van Aert ein weiterer Superstar im Rampenlicht.
Pogacar nutzt die kanadischen Klassiker erneut als Sprungbrett für die Weltmeisterschaften in Kigali, die Ende des Monats anstehen. Dort will er nicht nur seinen Titel im Straßenrennen verteidigen, sondern auch im Zeitfahren triumphieren. Das Rennen in Montreal kollidiert allerdings mit dem Finale der Vuelta a España – eine Überschneidung, die viele im Radsport als schwerwiegenden Fehler der UCI sehen. Zwei WorldTour-Events parallel auszutragen, schwächt beide, ein Szenario, das im Fußball undenkbar wäre, wo große Turniere stets klar voneinander getrennt sind.
Klassiker mit Sprintfinale – das Terrain in Québec
Die Strecke in Québec ähnelt der des Vorjahres: kurze, steile Rampen, aber nicht hart genug, um alle Sprinter abzuschütteln. Mit einer leicht ansteigenden Zielgeraden von rund vier Prozent spricht vieles erneut für einen Gruppensprint wie 2024. Damit öffnet sich das Fenster für mehrere Spezialisten, die Pogacar ernsthaft gefährden können.
Michael Matthews
Ganz oben auf der Liste steht Michael Matthews, ein enger Freund Pogacars. Der Australier gewann 2024 in Québec und verwies dabei Pogacar und Girmay auf die Plätze. Auch wenn seine Saison 2025 ruhiger verlief, weiß Matthews genau, wie man sich auf die kanadischen Klassiker vorbereitet. Der finale Anstieg spielt seiner explosiven Beschleunigung in die Karten. Selbst wenn Pogacar in Bestform ist, hat Matthews bewiesen, dass er ihn auf den letzten Metern schlagen kann. Seine Historie macht ihn brandgefährlich.
Wout Van Aert
Spannendster Name im Feld ist Wout Van Aert. Der Belgier erlebte eine wechselhafte Saison, erinnerte aber mit seinem furiosen Solo in Montmartre und dem Sieg auf den Champs Élysées bei der Tour alle an sein Genie. Damit bewies er zugleich, dass er der Einzige war, der Pogacar während der gesamten Rundfahrt distanzieren konnte. Van Aert wird vermutlich nicht bei den Weltmeisterschaften in Kigali starten, sodass Québec und Montreal zu seinen letzten Saisonhöhepunkten zählen könnten. Unterstützt vom Team Visma - Lease a Bike, das mit Christophe Laporte und Tiesj Benoot zwar nicht in Topform antritt, verfügt er über starke Helfer. Seine Vielseitigkeit und Explosivität machen ihn zu einer echten Waffe, wenn er seine Topform abrufen kann.
Biniam Girmay
Biniam Girmay, Vorjahreszweiter, reist unter anderen Vorzeichen an. 2024 kam er nach drei Etappensiegen und dem Gewinn des Grünen Trikots bei der Tour de France voller Selbstvertrauen. In dieser Saison jedoch blieb er hinter den Erwartungen zurück, auch weil Gerüchte über einen Abschied von Intermarché für Unruhe sorgen. Dennoch zählt er weiterhin zu den schnellsten Finishern des Pelotons, besonders aus einer verkleinerten Gruppe. Sollte sich das Rennen wie 2024 entwickeln und ein Feld von 20 bis 30 Fahrern den Sprint bestreiten, gehört Girmay erneut zu den Topanwärtern.
Arnaud de Lie
Eine der positiven Geschichten des Jahres liefert Arnaud de Lie. Nach zwei Jahren voller Verletzungen und Stürze hat der Belgier in der zweiten Saisonhälfte 2025 seine Form zurückgefunden. Sein Sieg über Mathieu van der Poel bei der Renewi Tour markierte seine Rückkehr in die Weltspitze. Der Kurs in Québec liegt einem Fahrer seines Profils perfekt. Behält er die starke Verfassung der letzten Wochen, zählt er nicht nur zu den Außenseitern, sondern könnte einer der absoluten Siegkandidaten sein. Wer Van der Poel schlagen kann, hat auch das Zeug, Pogacar in Québec herauszufordern.
Jhonatan Narvaez
Im UAE Team Emirates - XRG wird sich vieles auf Pogacar konzentrieren, doch Jhonatan Narvaez bietet eine wertvolle zweite Option. Der Ecuadorianer ist im Sprint aus einer größeren Gruppe schneller als Pogacar und könnte seine Chance nutzen, falls der Plan des Kapitäns scheitert. Das Team zeigte in der Vergangenheit, dass es flexibel agiert, wenn Pogacar im Aufgebot steht. Sollte er an den Anstiegen keinen entscheidenden Unterschied machen, könnte Narvaez im Sprint die Versicherung sein.
Taktik, Stile, Spannung – warum Québec so unberechenbar ist
Der GP Québec verbindet die Härte eines Eintagesklassikers mit der Dynamik eines WorldTour-Sprints. Während Fahrer wie Pogacar und Van Aert auf selektive Rennen setzen, spekulieren Matthews, Girmay und De Lie darauf, Energie zu sparen, um auf den letzten Metern zuzuschlagen. Dieses Duell der Stile macht das Rennen schwer kalkulierbar. Kann Pogacar seine Rivalen an den Anstiegen nicht distanzieren, droht ihm erneut eine Niederlage. Findet er eine Lücke, können nur wenige seine Power auf der Zielgeraden kontern.
Am Ende wird viel von der Teamtaktik abhängen. Das UAE Team Emirates - XRG will das Rennen für Pogacar kontrollieren, doch die Tiefe von Visma und die Präsenz mehrerer Sprinter erschweren dieses Vorhaben. Matthews und Girmay sind Meister im Abwarten und perfekt im Timing, De Lie bringt die Unberechenbarkeit einer Wildcard mit, während Narvaez als taktische Option lauert. Alles deutet auf ein ausgeglichenes, offenes Rennen hin.
Wie auch immer: Es ist gut, dass Pogi zurück ist.