„Zusammenarbeit, nicht Zwang“ – Disqualifizierte Teams der Tour de Romandie werfen der UCI Regelverstöße im GPS-Tracker-Streit vor

Radsport
Freitag, 15 August 2025 um 17:00
KatarzynaNiewiadoma
Die Tour de Romandie Féminin 2025 wird von einer der ungewöhnlichsten Kontroversen der jüngsten Rennhistorie überschattet. Gleich mehrere führende WorldTour-Teams wurden von der Teilnahme ausgeschlossen, noch bevor die erste Etappe gestartet war. In einer gemeinsamen Erklärung warfen Canyon//SRAM zondacrypto, EF Education-Oatly, Lidl-Trek, Team Picnic PostNL und Team Visma | Lease a Bike der UCI vor, "die Rechte von Teams und Fahrern zu missachten" und Sicherheitsprotokolle auf eine "diskriminierende Weise" durchzusetzen.

GPS-Tracking als Auslöser

Der Konflikt entzündet sich an einem neuen GPS-Ortungssystem, das die UCI testweise einsetzen wollte. Das System soll die Sicherheit der Fahrer erhöhen, indem es eine Echtzeitüberwachung ermöglicht und im Notfall schnellere medizinische Hilfe gewährleistet. Im Rahmen des Testprotokolls musste ein Fahrer pro Team ein 63 Gramm schweres GPS-Gerät während des gesamten Rennens tragen.
Die UCI betonte, dass das System sicher sei und die Regeln klar kommuniziert worden seien, unter Berufung auf die Artikel 1.3.073 und 2.12.007/3.5.3 des Reglements. Die betroffenen Teams kritisierten jedoch, dass sie weder ausreichend konsultiert noch informiert worden seien, wer die Verantwortung für die Auswahl des Fahrers übernehmen solle.

Teams weigern sich: Verantwortung vs. Fairness

In ihrer Erklärung unterstrichen die Teams, dass sie nicht grundsätzlich gegen GPS-Tracking seien und der UCI sogar ein alternatives, bereits bei anderen Rennen erfolgreich eingesetztes System angeboten hätten, das das gesamte Peloton abdeckt. Ihr Konfliktpunkt war die Forderung der UCI, dass die Teams selbst bestimmen sollen, welcher Fahrer das Gerät trägt. Dies betrachteten sie als unfair, potenziell diskriminierend und außerhalb ihrer Verantwortung.
"Wir würden weder selbst einen Fahrer auswählen noch das Gerät installieren, entfernen oder warten", hieß es in der Erklärung. "Es steht der UCI oder ihrem Partner frei, den Fahrer auszuwählen und das Gerät eigenverantwortlich zu installieren."
Trotz wiederholter Briefe und Kooperationsbereitschaft der Teams beharrte die UCI auf ihrem Vorgehen und führte die Disqualifikationen durch, ohne eine klare Begründung zu liefern.

Keine Regelgrundlage nachgewiesen

Die Teams kritisierten zudem, dass die UCI keine spezifische Regel vorlegte, die sie zur Fahrerauswahl für zusätzliche Ausrüstungsanforderungen verpflichtete. Mehrere Anfragen der Teams, eine Klärung zu erhalten, blieben unbeantwortet. Stattdessen verwies die UCI auf eine E-Mail der Teamgewerkschaft, was die Teams als unzureichend und willkürlich empfanden.
"Dieses Vorgehen missachtet die Rechte von Teams und Fahrern, wendet die Maßnahme diskriminierend an und widerspricht dem erklärten Engagement der UCI für einen Dialog mit den Beteiligten", hieß es weiter. Die Teams betonten, dass sie die Sicherheit im Radsport fördern wollen, dies aber nur im Rahmen von Kooperation und fairen Prozessen möglich sei.

UCI bleibt standhaft

Die UCI bezeichnete die Weigerung der Teams als "überraschend" und "bedauerlich" und argumentierte, dass die Bemühungen zur Einführung von GPS-Tracking bei den Straßenweltmeisterschaften 2025 in Kigali gefährdet würden. In einer Bemerkung verwies die UCI darauf, dass viele der disqualifizierten Teams Mitglieder von Velon seien, einem Anbieter eigener GPS- und Telemetrie-Technologien. Diese Anmerkung wurde als Hinweis auf mögliche wirtschaftliche Interessen interpretiert, was die Teams jedoch strikt zurückwiesen: Ihr Streitpunkt sei Fairness und Verfahren, nicht kommerzielle Konkurrenz.

Breitere Konsequenzen für den Radsport

Die Disqualifikationen führten dazu, dass die Romandie mit einem stark dezimierten Peloton startet. Sechs WorldTour-Teams fehlen, darunter wichtige Fahrerinnen wie Titelverteidigerin Demi Vollering, die zusätzlich krankheitsbedingt ausfällt. Die Kontroverse wirft ein Schlaglicht auf das Machtgleichgewicht zwischen der UCI und den Spitzenteams, insbesondere wenn neue Technologien mitten in der Saison eingeführt werden.
EF-Chef Jonathan Vaughters brachte die Frustration der Teams auf den Punkt: "Ein World Tour Event als Testgelände zu benutzen ist falsch. Die Entscheidung, welche Fahrer 'Opfer' sein sollen, den Teams zu überlassen, ist nicht richtig. Dann werden die Teams disqualifiziert, weil sie diese Entscheidung nicht treffen – das ist unfair."
Die aktuelle Situation könnte weit über die Romandie hinaus Auswirkungen haben. Ob UCI und Teams vor Kigali zu einer gemeinsamen Lösung finden, könnte ein Präzedenzfall dafür sein, wie technologische Neuerungen im Radsport zukünftig implementiert werden – und wer letztlich darüber entscheidet. Die Botschaft der disqualifizierten Teams ist klar: Es geht nicht um Sicherheit, sondern um den richtigen Prozess.
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