Tom Pidcock erlebte am Dienstag bei der
Vuelta a Espana eine der bittersten Enttäuschungen seiner Karriere. Der Brite vom Team Q36.5 griff am letzten Anstieg des Tages an, ließ selbst
Jonas Vingegaard stehen und roch schon am Gipfel des Alto de Pike an einem großen Etappensieg. Doch statt Jubel gab es Frust. Denn kurz vor Schluss änderten die Organisatoren den Verlauf der Etappe – aus Sicherheitsgründen, ausgelöst durch massive Proteste am Zielort Bilbao.
Pidcock, sichtlich aufgebracht, fand nach dem Rennen klare Worte. „Es ist schwer, die Enttäuschung zu beschreiben. Heute war mein Tag. Es sollte immer eine Ziellinie geben – schließlich fahren wir hier kein verdammtes Showrennen“, sagte er gegenüber
Domestique.
Frust statt Triumph: Pidcock fühlt sich um Chance gebracht
Die Szene spielte sich am extrem steilen Alto de Pike ab. Pidcock attackierte mit einer Wucht, die selbst die Favoriten ins Wanken brachte. Für einen Moment sah es so aus, als würde der 25-Jährige das Feld sprengen und den Tagessieg für sich entscheiden. Doch was er nicht wusste: Der offizielle Zielstrich lag nicht mehr in Bilbao. Ausgerechnet in dem Moment, in dem er das Rennen dominierte, war der Etappensieg bereits vom Tisch.
„Ich wusste zwar, dass die Zeiten drei Kilometer vor Schluss genommen werden, aber ich wusste nicht genau, wo diese Stelle war“, erklärte er. „Ich war zu sehr damit beschäftigt, an Jonas dranzubleiben. Wir sind vorbeigefahren – und dann wurde klar, dass es keinen Sieger geben wird.“
Die Proteste am Ziel hatten zuvor für chaotische Szenen gesorgt. Zuschauer versuchten, Absperrungen zu durchbrechen, während das heranrasende Peloton für zusätzliche Gefahr sorgte. Für die Organisatoren blieb nur die Entscheidung, das Rennen vorzeitig zu neutralisieren. „Die Vuelta hat getan, was sie konnte, um uns zu schützen“, räumte Pidcock ein, fügte aber hinzu: „Ich will nichts Politisches sagen, sonst bekomme ich Ärger.“
Sorge um Sicherheit im Peloton
Die Sicherheit der Fahrer stand im Mittelpunkt. Immer wieder stören derzeit Pro-Palästina-Proteste den Rennverlauf, nicht selten verbunden mit Straßensperren. Für das Peloton bedeutet das ein permanentes Risiko – gerade auf schnellen Abschnitten.
Pidcock spricht das Thema offen an: „Uns in Gefahr zu bringen, hilft ihnen nicht weiter. Jeder hat das Recht zu protestieren, aber nicht so. Das ist nicht der richtige Weg.“ Viele seiner Kollegen, so der Brite, hätten die gleiche Meinung, äußerten sie aber nicht öffentlich. „Es ist manchmal beängstigend im Peloton. Aber solange unsere Sicherheit Priorität hat, können wir weiter Rennen fahren. Dafür sind wir hier.“
Der Brite zeigte sich trotz aller Enttäuschung kämpferisch. „Natürlich reden viele über das, was auf dem Papier stand. Ich sage nicht, dass ich sicher gewonnen hätte, aber ich hatte eine sehr gute Chance. Trotzdem verschwende ich keine Energie damit – die Vuelta ist noch lang.“ Mit einem Blick nach vorne fügte er hinzu: „Mir wurde gesagt, dass heute der größte Tag der Proteste sein würde. Hoffentlich beruhigt sich die Lage von nun an.“
Auch im Teamwagen herrschte Chaos
Pidcocks Sportlicher Leiter Kurt Bogaerts bestätigte die chaotische Kommunikation während der Etappe. „Wir hatten noch ungefähr 15 Kilometer zu fahren, als uns mitgeteilt wurde, dass das Ziel nicht erreichbar sei. Also entschieden die Offiziellen, die Zeiten drei Kilometer vor dem ursprünglichen Ziel zu stoppen. Damit war das Rennen im Grunde gelaufen.“
Für Pidcock bleibt ein Tag, an dem er sich selbst in Bestform präsentierte – und doch mit leeren Händen dastand. Seine Wut auf die Umstände war spürbar, aber ebenso sein Wille, die Vuelta noch nicht abzuschreiben.