Bauke Mollema befindet sich in den letzten Kapiteln einer langen und angesehenen Karriere. Doch bevor er abtritt, richtet der Niederländer eine deutliche Botschaft an die nächste Fahrergeneration: Verliert euch nicht im Streben nach Perfektion.
Bei der Tour de Pologne, wo er erstmals das Bergtrikot seiner Karriere trug, sprach Mollema über seine eigene Entwicklung und die Kultur im modernen Peloton. Er warnte vor einem übertrieben professionellen Ansatz, der jungen Fahrern die Freude am Sport nehmen könnte. „Viele sind auf jedes Rennen fokussiert, wollen immer perfekt sein. Läuft es einmal nicht, wird das schnell zu einem Problem“, erklärte er gegenüber Bici.Pro. „Sie trainieren akribisch, achten penibel auf die Ernährung – aber vielleicht zu sehr. So bleibt kein Raum, den Radsport zu genießen.“
Erfahrung eines Routiniers
Der 38-Jährige, der im November 39 wird, hat mehrere Epochen des Profisports miterlebt. Er erlebte den Wandel hin zu datengesteuertem Training, marginal gains und immer kürzeren Entwicklungswegen. Mollema sieht darin eine Gefahr für die Langlebigkeit von Karrieren: „Man muss einen Schritt zurücktreten und den Sport mit Gelassenheit leben. Sonst könnten Karrieren schneller enden, als man denkt.“ Er habe Kollegen erlebt, die wegen des Drucks Wutanfälle bekamen oder irrational reagierten. „Wir haben einen wunderbaren Job – aber wir dürfen es nicht übertreiben.“
Letzte Runde im Profi-Peloton
Mollemas Vertrag bei Lidl-Trek läuft bis 2026, doch er hat klare Vorstellungen. „Es ist noch nicht offiziell, aber sehr wahrscheinlich, dass ich Ende der nächsten Saison aufhöre“, sagte er. Motivation und klare Ziele hätten ihm zuletzt gefehlt. „Ich werde die kommenden Monate nutzen, um über die Zukunft nachzudenken. Aber eines weiß ich: Ich werde weiterhin ohne Stress fahren, so wie immer.“
Diese Haltung begleitete Mollema durch eine Karriere, die von Beständigkeit und taktischer Intelligenz geprägt war. Er war nie der lauteste oder vermarktungsstärkste Profi, aber seine Siege machten Eindruck: zwei Tour-de-France-Etappen, Il Lombardia 2019 oder das Punktetrikot der Vuelta 2011. Über seinen eigenen Fahrertyp sagt er: „Am Anfang war ich auf Gesamtwertungen bei Rundfahrten fokussiert. Doch im Laufe der Jahre wurde ich mehr zum Etappen- und Klassikerjäger. Ich hörte auf meinen Körper – bei kurzen, intensiven Anstiegen war ich stärker. Mit der Zeit führte mich das zu den Klassikern.“
Ein Leben nach dem Radsport
Während andere Routiniers ins Teammanagement oder in die Medien wechseln, plant Mollema eine Auszeit vom Sport. „Ich sehe mich nicht als Sportdirektor im Auto – ehrlich gesagt auch nicht in einer anderen Rolle im Radsport“, betonte er. Stattdessen will er nach dem Karriereende Zeit mit seiner Familie verbringen: „Seit Jahren hatte ich keine wirkliche Zeit mehr mit ihnen. Man soll nie nie sagen, aber ich bin überzeugt davon.“
Mit seiner reflektierten Sicht auf den Radsport zeichnet Mollema ein ehrliches Bild zum Ende seiner Karriere. Er hat die Entwicklungen der letzten zwei Jahrzehnte miterlebt – und dabei seine Identität bewahrt. Seine Botschaft an die nächste Generation bleibt klar: Professionalität ist wichtig, doch die Leidenschaft für den Sport darf nie in den Hintergrund geraten.