Zum fünften Mal wird
Michael Woods 2025 an der
Tour de France teilnehmen – ein erfahrener Kämpfer im Peloton, der die ganz großen Höhen und bitteren Tiefen des prestigeträchtigsten Radrennens der Welt miterlebt hat. In einer sehr persönlichen Velo-Kolumne reflektiert der 37-jährige Kanadier, was dieses Rennen für ihn bedeutet – und warum es ihn gleichzeitig fasziniert wie auch erschöpft.
„Die Tour geht über den Radsport hinaus.“
Für Woods ist die Tour de France mehr als nur ein Radrennen – sie ist Spektakel, Bühne, Mythos. „Ich habe WorldTour-Rennen mit ein paar Müttern und Freundinnen am Streckenrand beendet. Aber wenn du bei der Tour fährst, hast du das Gefühl, die ganze Welt schaut zu.“ Diese globale Aufmerksamkeit hat für Woods auch ganz praktische Auswirkungen: „Vor meiner ersten Tour musste ich in Kanada oft erklären, was ich überhaupt beruflich mache. Nach meiner ersten Tournee wussten es die Leute, bevor ich sie traf.“
Die Schattenseite des Ruhms
Trotz seiner Bewunderung für die Tour scheut Woods nicht davor zurück, auch ihre dunklen Seiten zu beleuchten: „Ich hasse die Tour“, sagt er offen – und meint damit den gewaltigen Druck, den Wahnsinn, der sich über drei Wochen aufbaut. „Alles, was man als Radprofi kennt, wird auf 11 hochgedreht. Der Stress, der Rummel, die Risiken – das kostet dich wahrscheinlich zwei Jahre deines Lebens.“
Der Etappensieg 2023 – sein größter Triumph – steht für Woods in krassem Kontrast zu den Stürzen, die er in drei der vier bisherigen Teilnahmen hinnehmen musste. „Ich schätze, die Wahrscheinlichkeit, bei der Tour zu stürzen, liegt bei mindestens 60 Prozent.“ Und doch: „Bei der einzigen Tour, bei der ich nicht gestürzt bin, habe ich eine Etappe gewonnen.“
Dieser Sieg veränderte seinen Status – nicht nur in Kanada, sondern weltweit. „Ich bin der dritte Kanadier, der je eine Etappe bei der Tour gewonnen hat. Das ist ein Ergebnis, auf das ich mich für den Rest meines Lebens verlassen kann. Ein Höhepunkt meiner sportlichen Karriere – und manchmal kann ich es selbst kaum glauben.“
„Ein Buch voller Geschichten“
Am Ende ist es vielleicht genau diese Ambivalenz, die den Reiz der Tour für Woods ausmacht: der Schmerz, das Chaos, aber auch die Schönheit, der Ruhm, die Erfüllung. „Jede Ausgabe der Tour, die ich gefahren bin, war wie ein Buch voller Gedanken, Anekdoten und Erfahrungen. Dieses Rennen ist grausam und großartig zugleich.“
Michael Woods bringt das auf den Punkt, was so viele Fahrer – still oder offen – über die Tour denken: Sie ist ein Moloch, der verschlingt, was man ihm gibt. Aber sie gibt auch etwas zurück, das kein anderes Rennen geben kann: Bedeutung.