Lenny Martínez’ Wechsel: Treffer oder Fehlgriff? | Der Franzose verbessert seine Kletterqualitäten, doch ist eine Große Rundfahrt ein realistischer Traum?

Radsport
Sonntag, 30 November 2025 um 11:00
LennyMartinez
Vielleicht ist dieser Begriff für Lenny Martínez inzwischen nicht mehr ganz zutreffend – denn er hat sich längst als mythischer Etappenjäger und einer der besten Kletterer des Pelotons etabliert. Zwar blieb er 2025 hinter seinem größten persönlichen Ziel zurück, doch was seine Entwicklung als Bergspezialist betrifft, gibt es zahlreiche Argumente, die für eine äußerst erfolgreiche Saison sprechen.

Bahrain legt ein Angebot vor, das man nicht ablehnen kann

Wir sprechen hier nicht von astronomischen Summen, aber Medienberichten zufolge erhielt Martínez ein Angebot über 800.000 Euro Jahresgehalt – ein Vielfaches dessen, was er bei Groupama-FDJ verdiente. Wäre dies ein Angebot von UAE, INEOS oder Red Bull gewesen, würde es kaum für Aufsehen sorgen. Für die meisten Teams jedoch ist das eine bedeutende Investition – insbesondere in einen Fahrer, der weder ein GC-Star, noch ein Klassiker-Spezialist, Zeitfahr-Ass oder Sprinter ist.
Martínez ist vielmehr ein Langzeitprojekt, das jedoch schon kurzfristig Wirkung zeigt. Ein Dreijahresvertrag zeigt klar: Beide Seiten wollen langfristig zusammenarbeiten, auch wenn der Transfer auf den ersten Blick nicht der offensichtlichste erschien.

Siege in den Bergen

Martínez tat, was er am besten kann. Ein Top-Rundfahrer ist er (noch) nicht, aber das muss er auch nicht sein. Er ist ein erstklassiger Kletterer, der in diesem Jahr deutlich konstanter war.
Bei Paris–Nizza deutete er zunächst an, dass er im Gesamtklassement konkurrenzfähig sein könnte. Doch auf der windigen, verregneten 6. Etappe verlor er viel Zeit, und auch am Schlusswochenende zeigte er seine bekannte Anfälligkeit.
Dafür brillierte er andernorts:
  • Sieg auf der ultrasteilen 5. Etappe,
  • 4. Platz an der La Loge des Gardes,
  • und in Auron – obwohl er nicht um den Etappensieg fuhr – war er zweitbester Kletterer des Tages, gemeinsam in der Offensive mit Felix Gall.
Eine Woche später bei der Volta a Catalunya wurde er Gesamtfünfter, untermauert durch zwei 4. Plätze auf den Bergetappen. Die Botschaft war klar: Unter den richtigen Umständen kann er Gesamtwertungen anvisieren.
Selbst in den Ardennen zeigte er neue Facetten: 4. Platz beim Flèche Wallonne, eine Überraschung angesichts seines Körperbaus und seiner bekannten Schwierigkeiten bei kaltem, nassem Wetter.
Kurz darauf wurde er Zweiter bei der Tour de Romandie, gewann die Königsetappe vor João Almeida, verlor aber im Schlusstime trial das Gelbe Trikot – am Ende ein beeindruckender 13. Platz und das als vermutlich leichtester Fahrer des Rennens.
Beim Critérium du Dauphiné zeigte er wieder seine typisch offensive Art: unauffällig über die Woche, dann aber grandioser Etappensieg am Mont-Cenis, als einziger, der dem Antritt von Jonas Vingegaard standhielt – Tadej Pogačar griff erst gar nicht an, sonst wäre der Sieg futsch gewesen.

Best of the Rest bei der Tour

Bei der Tour de France startete er ohne Ambitionen im Gesamtklassement – eine kluge Entscheidung. Seine Ziele waren die Bergwertung und sekundär Etappensiege.
Am Ende opferte er wohl eine Etappe, weil er zu viel Energie für die KOM-Punkte einsetzte – etwas, das ein reiner Etappenjäger normalerweise nicht tun würde. Aber angesichts der Umstände war es die richtige Strategie, zumal er das Trikot eine Zeit lang trug, ein Jahr nachdem Groupama ihn trotz Vertragsende taktisch fragwürdig in letzter Minute nominiert hatte.
Doch Martínez erlebte das Schicksal vieler Nicht-GC-Fahrer: Die heutige Bergwertung ist extrem stark zugunsten der Klassementfahrer verzerrt.
Trotzdem endete seine Saison stark:
  • 3. Platz beim Giro dell’Emilia,
  • Sieg beim Japan Cup,
  • und erneut überzeugende Leistungen bei mehreren späten Saisonrennen.
Er übernahm auf der 10. Etappe die Führung der Bergwertung, verlor sie jedoch auf der 16. Etappe an Pogačar, und am Ende wurde er Dritter – hinter zwei Fahrern, die nicht einmal aktiv auf das Trikot fuhren.
In praktisch jeder anderen Grand Tour wäre die gleiche Strategie erfolgreicher gewesen.

Ein klarer nächster Schritt in seiner Entwicklung

Der Wechsel zu Bahrain hat Martínez’ Rolle als reiner, ultraleichter Top-Kletterer gefestigt – ein Fahrertyp, der im modernen Peloton selten geworden ist.
Die Ambition, beim Tour-Gesamtklassement mitzufahren, war nicht realistisch. Doch mit mehreren Siegen, Top-Ergebnissen und offensiven Leistungen war die Saison ein klarer Erfolg und ein bedeutender Schritt in seiner Entwicklung.
Man vergisst leicht: Lenny Martínez ist erst 22 Jahre alt.
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