INTERVIEW | „Nimm es ganz auf dich und genieße es“ – Thymen Arensman über Geraint Thomas’ letztes Rennen

Überall auf den Straßen gab es in den vergangenen Tagen bei der Tour of Britain tosenden Jubel für Geraint Thomas – einen der erfolgreichsten Fahrer Großbritanniens im modernen Radsport und den letzten Tour-de-France-Sieger. Der Waliser beendet heute offiziell seine Karriere. RadsportAktuell sprach zu diesem Anlass mit seinem INEOS-Teamkollegen Thymen Arensman über den besonderen Tag, über seine eigenen Erlebnisse in dieser Woche und über die Abkühlung nach einer bemerkenswerten Tour de France, bei der er gleich zwei Etappen gewann.

Der Niederländer hat in den letzten Jahren bereits viele Qualitäten gezeigt, doch nichts ist vergleichbar mit dem, was er in diesem Sommer bei der Tour de France erreicht hat. Auf der 14. Etappe triumphierte er bei der Bergankunft in Superbagnères, und später gelang ihm ein zweiter großer Sieg auf der letzten Bergetappe nach La Plagne, wo er sich ausgerechnet gegen Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard durchsetzen konnte. Für Arensman war dies ein Karrieremoment, der viel Anerkennung einbrachte. „Sicherlich kommen die Leute von der Tour auf dich zu und gratulieren dir. Es ist schon etwas Besonderes, was ich getan habe. Viele sagten: ‚Das war eine wirklich große Leistung.‘ Aber am Ende ist es eben auch nur ein weiteres Rennen, das inzwischen ein paar Wochen her ist – so läuft es im Radsport.“

Bei der Tour of Britain gehörte Arensman folglich zu den Hauptfavoriten auf den Gesamtsieg. Doch das Glück war diesmal nicht auf seiner Seite. Schon früh im Rennen warf ihn eine Serie von Rückschlägen zurück. „Meine Beine sind eigentlich ziemlich gut, ich habe gut trainiert“, erzählt er. „Aber auf der zweiten Etappe bin ich schwer gestürzt. Am nächsten Tag habe ich mir ein Rad kaputtgefahren und 15 Kilometer vor dem Ziel hatte ich dann auch noch einen Reifenschaden.“ Diese Kombination aus Sturzpech und Defekten verhinderte, dass er sein volles Potenzial ausschöpfen konnte.

Am berühmten Anstieg nach The Tumble hatte er trotzdem die Möglichkeit, vorne mitzufahren – doch seine Verletzungen machten ihm einen Strich durch die Rechnung. „Ich spüre einen ziemlichen Riss in der Gesäßmuskulatur und war mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob ich es bis ins Ziel schaffen würde. Ich habe gestern und vorgestern alles versucht, aber mein Körper braucht noch Zeit zur Erholung. Ich bin einfach noch nicht bei 100 %. Zum Glück gab es keine Brüche. Der Arzt war ziemlich überrascht, dass nichts gebrochen ist – das war fast schon lustig zu hören.“ Trotz allem schaut er nach vorn: „Natürlich möchte ich heute mein Bestes für das Team und für Sam [Watson] tun. Vor allem aber möchte ich dieses letzte Rennen für G genießen.“

Arensman wird zusammen mit Thomas seinen letzten Renntag bestreiten – ein besonderer Moment für die gesamte Mannschaft. Das Team würdigte den Abschied des Routiniers in dieser Woche mit spezieller Ausrüstung, die an die Karriere des Briten erinnert. Für Arensman, der erst seit vergleichsweise kurzer Zeit Teil der Mannschaft ist, ist es dennoch ein prägendes Erlebnis, diesen Tag an Thomas’ Seite zu verbringen.

„Ich hoffe nur, dass er es genießt – und ich bin sicher, dass er das heute Abend tun wird. Leider ist das Wetter heute nicht ideal, aber ich wünsche mir, dass er seinen letzten Anstieg, sein letztes Rennen komplett aufsaugt. Ich habe ihm gesagt: Nimm es ganz und gar auf dich und genieße es.“