Der Sturz von Tadej Pogacar auf der 11. Etappe der Tour de France 2025 war nicht nur ein sportliches Schockmoment, sondern auch eine taktische Zäsur. Während Pogacar sich nach dem Zwischenfall schnell erholte und wieder zum Feld aufschloss, entschieden sich alle GC-Fahrer – angeführt von Jonas Vingegaard – dafür, nicht anzugreifen. Für viele ein Ausdruck von Sportsgeist. Für andere: eine verpasste Chance.
In der Beyond the Podium-Analyse von NBC Sports zeigte sich Ex-Profi und Tour-de-France-Veteran Tejay van Garderen wenig überzeugt vom moralischen Heldentum der Favoriten. „Das war die Chance, die sie hatten“, erklärte der frühere Träger des Weißen Trikots. „Und ich will das nicht falsch verstanden wissen – natürlich hätte niemand gewollt, dass er stürzt. Aber es war kein Visma-Fahrer, der ihn zu Fall gebracht hat. Die Gelegenheit war da – und sie haben sie nicht genutzt.“
„Hautacam wird keine Geschenke machen“
Van Garderen stellte offen infrage, ob Vingegaard auf der 12. Etappe – mit Bergankunft am Hautacam – überhaupt die Möglichkeit haben wird, Pogacar ernsthaft unter Druck zu setzen. „Ich sehe nicht, dass er dort oder irgendwo sonst noch Zeit gewinnt. Also war das die Gelegenheit. Ich hätte sie ergriffen.“
Dabei geht es für van Garderen nicht nur um Etappen, sondern um Karrieren: „Man kann als guter Sportler in die Geschichte eingehen – oder als dreifacher Tour-Sieger. Ich wäre lieber ein dreifacher Tour-Sieger.“
EF hatte nichts zu verlieren – Visma alles
Bemerkenswert ist Van Garderens Einschätzung auch deshalb, weil sein eigenes Team – EF Education–EasyPost – an der Entscheidung beteiligt war, auf Pogacar zu warten. Ben Healy, der im Gelben Trikot fuhr, soll sogar zu den Ersten gehört haben, die ein kollektives Abwarten forderten. Doch Van Garderen macht klar, dass die Ausgangslage seiner Mannschaft mit der von Visma nicht vergleichbar sei: „EF hatte nichts zu verlieren. Sie wollten das Trikot einfach einen weiteren Tag behalten. Aber Visma kämpft um den Gesamtsieg. Für sie hätte es den Unterschied machen können.“