Mikel Landa kehrt mit einer Mischung aus Realismus und Ehrgeiz zur Vuelta a España zurück. Nach dem bitteren Sturz beim Giro d’Italia, der seine Saison früh entgleisen ließ, richtet der 35-Jährige seinen Fokus nun auf Etappensiege und die Unterstützung seines Teams Soudal – Quick-Step. Im Gespräch mit Marca gab Landa in Turin, wo am Wochenende die letzte Grand Tour des Jahres startet, tiefe Einblicke in seine Form, seine Sicht auf die Favoriten und die Bedeutung dieses Rennens für seine Karriere.
Realistische Einschätzung der Favoriten
Wie so oft ist Landas Blick auf die Konkurrenz nüchtern und klar: „Er war bei der Tour in Bestform, aber Pogacar war noch besser“, erklärte er über Jonas Vingegaard. „Hier wird er der Mann sein, den es zu schlagen gilt. Die explosiven Zieleinläufe liegen ihm vielleicht nicht, aber mit einem starken Team um ihn herum wird er das Rennen kontrollieren.“
Mit dem Fehlen von Tadej Pogacar nach seiner Doppelbelastung aus Giro und Tour sowie dem Teamwechsel von Remco Evenepoel zu Red Bull – BORA – hansgrohe sieht Landa die Verantwortung klar bei Visma | Lease a Bike und deren dänischem Kapitän: „Am Ende liegt die Last bei ihnen – und dadurch haben andere Fahrer mehr Freiheiten.“
„Es war hart. Ich konnte mir das Rennen nicht einmal ansehen.“
Landa hatte seine gesamte Saison auf den Giro ausgerichtet. „Ich kam sehr gut an, ich hatte es einstudiert, viele Opfer gebracht – und dann war alles vorbei. Ich konnte mir das Rennen nicht ansehen, es hat mich neidisch und eifersüchtig gemacht.“ Den Sturz sah er nur noch einmal auf Video, um zu verstehen, was geschehen war: „Ich wurde in einer technischen Abfahrt zwischen einem Fahrer und dem Randstein eingeklemmt. Keine Zeit zum Reagieren. Es war mein Fehler.“
Doch anders als frühere Rückschläge ließ sich Landa diesmal nicht entmutigen. Rücktrittsgedanken kamen ihm nicht: „Dieses Mal nicht. Letztes Jahr hat mich der Sturz in Itzulia mental getroffen, aber jetzt ist es anders. Ich habe das Radfahren und das Team so sehr genossen, dass ich nicht an das Ende denke – nicht einmal annähernd.“
Kein Druck, keine Gesamtwertung – aber klare Ziele
Auf konkrete Platzierungen will sich der Baske nicht festlegen: „Ich habe keine Ambitionen in der Gesamtwertung. Jedes Ergebnis ist mir recht, Hauptsache, ich beende die Saison mit einer Grand Tour und vergesse den Giro.“ Stattdessen möchte er die Fans begeistern: „Ich will bei dieser Vuelta eine Show abliefern.“
Besonders freut er sich auf Etappen in seiner Heimat: „Bilbao motiviert mich – meine Familie wird an der Strecke stehen. Auch Asturien mit der Rückkehr nach L’Angliru oder der Morredero sind Höhepunkte.“
Leben nach Evenepoel – neue Rolle bei Soudal
Nach dem Abgang von Remco Evenepoel hat sich Landas Rolle im Team gewandelt. „Es herrscht jetzt eine andere Atmosphäre – stärker auf Klassiker und Etappensiege fokussiert. Ich habe es genossen, Remco zu helfen, vor allem in den Bergen. Aber jetzt liegt es daran, die Mentalität zu ändern und die jungen Fahrer zu unterstützen.“
Für die Zukunft sieht Landa neue Chancen: „Vielleicht werde ich 2026 wieder mehr in den Vordergrund treten. Es ist schade, nicht mehr mit Remco zu fahren, aber das Team wird verstärkt, und ich will es genießen.“
Blick in die Zukunft – WM, Lombardei und ein letztes Ziel
Nach der Vuelta endet Landas Saison noch nicht. „Die Weltmeisterschaften motivieren mich sehr – gerade nach dem Sturz. Ich komme frisch an und will das Beste herausholen. Auch die Lombardei-Rundfahrt ist ein Ziel.“ Über seine Zukunft bleibt er vage: „Vielleicht trete ich am 31. Dezember 2026 zurück. Ich habe noch eine Rechnung mit dem Giro offen – und das Glück, selbst entscheiden zu können, wann Schluss ist.“
Eines bleibt unverändert: „Ich will gewinnen. Aber bis dahin möchte ich vor allem das Radfahren genießen – und die Zuneigung der Fans, die mir in dieser Phase meiner Karriere am meisten bedeutet.“