Der Transfer von
Remco Evenepoel zum deutschen WorldTour-Team Red Bull – BORA – hansgrohe hat nicht nur in Belgien für mächtig Wirbel gesorgt. In seinem Heimatland meldeten sich zahlreiche prominente Stimmen zu Wort – darunter auch der ehemalige Nationaltrainer und heutige TV-Experte José De Cauwer. Für ihn ist der Wechsel ein logischer und notwendiger Schritt in der Karriere des Tour-de-France-Podiumsfahrers.
Gegenüber Sporza analysierte De Cauwer nüchtern die Lage: „Ich denke, die Teams und Remco sind eher bereit dafür. Sie müssen bei Soudal-Quick-Step weitermachen. Wenn es jetzt kein Geld für später gibt, dann ist es besser, jetzt das Geld für die ganze Sache zu bekommen.“ Die Entscheidung, den Vertrag vorzeitig aufzulösen, sei zwar unüblich, folge aber einem neuen Trend im Sport – insbesondere bei Top-Athleten. Auch BORA hatte mit Primož Roglič zuletzt eine ähnliche Vorgehensweise gewählt.
Für De Cauwer liegt die Stärke des Wechsels im finanziellen und strukturellen Potenzial: „Es gibt mehr Geld, und mit mehr Geld kann man einige Dinge ändern. Ich denke, sie werden ihn noch besser unterstützen. Es ist nicht so, dass sie bei Soudal-Quick-Step nicht bereit gewesen wären, aber ich denke, dass man Red Bull – BORA – hansgrohe noch mehr Geld zur Verfügung stellen kann. Das ist es, was Remco sucht: noch bessere Unterstützung.“
Ein Team, das mit UAE und Visma mithalten kann
Die sportliche Perspektive spielt für De Cauwer eine ebenso große Rolle wie das Finanzielle. Das neue Team Evenepoels sei besser dafür aufgestellt, ihn seinem größten Karriereziel näherzubringen – dem Gesamtsieg bei der Tour de France. Mit Grand-Tour-Siegern wie Primož Roglič und Jai Hindley, aufstrebenden Talenten wie Florian Lipowitz und Giulio Pellizzari sowie einem Kader starker Helfer sei das Fundament gelegt. „Ein Team, das tatsächlich mit Visma und UAE mithalten kann – etwas, das Quick-Step nicht geschafft hat.“
Dabei geht es De Cauwer nicht nur um das Personal. Auch die strategische Ausrichtung sei entscheidend. „Er muss dieses Ziel weiter verfolgen. Die Leute sagen manchmal, dass er sich besser auf eintägige Projekte konzentrieren sollte, aber er muss dieses supergroße Ziel weiter verfolgen.“ Ein Ziel, das laut De Cauwer Klarheit und Fokussierung erfordert: „Irgendwann müssen wir uns entscheiden: So werden wir es machen. Nicht 'sollten wir vielleicht dies tun' oder 'sollten wir vielleicht das tun'. Das passiert, wenn man mit vielen Freunden zusammenarbeitet. Er begann mit dem Team als 18-Jähriger, ein Junge. Aber vielleicht ist es notwendig, dass ihm jemand sagt, dass er nicht weitersuchen soll.“
Konkurrenz im eigenen Team? Kein Problem
Ein mögliches Spannungsfeld sieht De Cauwer in der internen Dynamik. Denn das neue Team ist nicht nur mit Evenepoel stark besetzt. Auch andere Fahrer haben große Ambitionen – eine mögliche Quelle für Reibung? Der Belgier bleibt gelassen: „Das muss nicht unbedingt ein Nachteil sein. Sowohl Lipowitz als auch Remco sind weniger gut als Pogacar. Man muss also ein breites Spektrum abdecken, um Pogacar in den nächsten Jahren zu schlagen.“ Er verweist auf Visma | Lease a Bike, das bei der letzten Tour etwa auf den formstarken Matteo Jorgenson verzichten musste. Tiefe im Kader sei heute unerlässlich.
Für De Cauwer markiert der Transfer einen Wendepunkt. Es sei nun an der Zeit, den nächsten Schritt zu machen. „Von nun an geht es nicht mehr darum, es zu versuchen. Das heißt nicht, dass er die Tour gewinnen wird, aber es wird nicht viel Besseres auf der Welt geben.“ Die Unterstützung durch Red Bull sei ein weiterer Garant dafür, dass Evenepoel seine Grenzen verschieben könne. „Red Bull ist in den Radsport eingestiegen, und das heißt nicht, dass man aufhören muss, das Beste aus ihm herauszuholen. In dieser Hinsicht hat er eine gute Wahl getroffen.“
Remco Evenepoel hat sich mit seinem Wechsel in eine neue Umgebung begeben – in ein Umfeld mit höherem Budget, stärkerem Kader und klarem Fokus auf Grand-Tour-Erfolg. Für José De Cauwer ist klar: Das Kapitel Quick-Step war wichtig, aber nun beginnt eine neue Phase. Eine, in der das „supergroße Ziel“ – der Sieg bei der Tour de France – im Zentrum steht.