Die fünfte Etappe der Vuelta a España bot eine Rarität im Profi-Radsport: ein flaches Mannschaftszeitfahren. Diese Disziplin taucht auf der WorldTour nur selten auf, doch sie sorgt immer wieder für überraschende Wendungen im Klassement.
Lotto eröffnete den Tag als erstes Team auf der Strecke und lieferte eine solide Vorstellung ab. Teams wie Team BikeExchange - Jayco oder
Bahrain - Victorious, die auf dem Papier besser für ein TTT vorbereitet schienen, konnten die Zeit von Lotto nicht unterbieten. Unter den Favoriten war Lidl-Trek das erste Team, das mit voller Stärke antrat. Sie setzten die Bestzeit, obwohl sie Carlos Verona durch einen Sturz verloren.
Ineos zeigte eine starke erste Hälfte des Rennens und übernahm auf den Zwischenabschnitten sogar die Führung. Doch in der zweiten Hälfte brach das Team ein und konnte Lidl-Trek nicht mehr gefährden, sodass sie am Ende den fünften Platz belegten. Red Bull-Bora und Israel hatten Chancen, den Tagessieg zu attackieren, doch Matteo Sobreros heftiger Sturz und eine Pro-Palästina-Demonstration auf der Strecke machten ihre Angriffe zunichte.
Die wahren Favoriten waren UAE und Visma. Obwohl sie bei den Zwischenzeiten nie in Führung lagen, zeigten beide Teams eine beeindruckende Schlussleistung und übernahmen die Spitzenplätze. Lidl-Trek musste sich mit Rang drei begnügen. Der bisherige Führende David Gaudu und sein Team Groupama FDJ konnten nicht mit den Top-Teams mithalten und verloren 24 Sekunden auf den Sieger. Das Rote Trikot kehrte damit wieder auf die Schultern von Jonas Vingegaard zurück.
Im Anschluss baten wir einige unserer Autoren, ihre Analyse der Etappe zu teilen.
Rúben Silva (CyclingUpToDate)
„Alles wie erwartet“, sagt Silva. Die UAE hatten gegenüber Visma einen Vorteil, da sie einen zusätzlichen Fahrer einsetzten. „Superteams dominieren die TTTs, weil sie in diese Disziplin investieren. Die Zeiten, in denen ein Spezialist wie Cancellara ein Team fast im Alleingang zum Sieg führen konnte, sind vorbei.“
Für Silva gibt es keine Überraschungen: Vingegaard kehrt in Rot zurück, und die Renndynamik der Vuelta hat sich nicht verändert. „Die Favoriten sind weiterhin klar, und die großen Teams setzen ihren Trend fort.“
Pascal Michiels (RadSportAktuell)
Michiels lobt die Etappe: „Das Mannschaftszeitfahren war spektakulär. Es hätte noch packender sein können, wenn es etwas länger gewesen wäre.“ Besonders interessant sei die Performance von Visma. Auf den ersten Zwischenabschnitten lagen sie zurück, doch im letzten Abschnitt legten sie eine beeindruckende Aufholjagd hin.
„UAE konnte dort 14 Sekunden auf Lidl-Trek aufholen. Visma war noch besser und fuhr fast 20 Sekunden schneller als Lidl-Trek“, so Michiels. Die Frage bleibt, ob dies eine taktische Entscheidung war oder ob es am Start Probleme gab. „Wir werden bald sehen, was wirklich passiert ist.“
Visma - Lease a Bike-Fahrer kühlen sich vor der TTT ab
Juan López (CiclismoAlDía)
Juan López zeigt sich überrascht von der Leistung der UAE: „Rúben Silva hatte recht, als er sie als Favoriten bezeichnete, aber ehrlich gesagt hatte ich nicht erwartet, dass Ayuso, Almeida und Co. Teams wie Visma, Lidl-Trek oder Ineos schlagen würden.“
Seiner Meinung nach spielte der Wind eine entscheidende Rolle: „Lidl-Trek wurde im letzten Abschnitt von mehreren Gruppen überholt. Das Rennen ist kurz vor dem Hochgebirge spannend, mit Vingegaard vor Gianetti und Matxín, den beiden Führenden.“
López hebt hervor, dass das TTT der Vuelta immer wieder unvorhersehbare Elemente enthält. „Die äußeren Bedingungen, wie Wind oder Zwischenfälle auf der Strecke, können die Ergebnisse entscheidend beeinflussen.“
Félix Serna (CyclingUpToDate)
Serna analysiert die Dominanz der großen Teams: „UAE und Visma sind der Konkurrenz heute einfach voraus.“ Besonders beeindruckend sei Visma, da ihnen ein Fahrer fehlte: Axel Zingle hatte kurz zuvor aufgegeben. „Wäre er gestartet, hätte das Endergebnis vielleicht anders ausgesehen. Wir werden es nie erfahren.“
Serna kritisiert die Platzierung des TTT: „Wenn man die Etappe an den ersten Tag gelegt hätte, wären alle Teams unter gleichen Bedingungen gestartet. Heute waren fünf Teams benachteiligt: Visma, Movistar, Soudal, Groupama und Burgos fehlte jeweils ein Fahrer. In einer Disziplin, die vom Team abhängt, macht das einen großen Unterschied.“
Er erinnert an frühere kuriose Szenen: „Vor zwei Jahren endete ein TTT im Dunkeln, heute blockierten Demonstranten Israel-Premier Tech, und ein zufälliger Passant versuchte, die Straße zu überqueren, als Groupama-FDJ kam. Langweilig wird es bei den TTTs nie.“
Trotzdem zeigen die Ergebnisse die erwarteten Stärken: „Die ersten fünf Teams waren die stärksten, und die Zeitunterschiede sind minimal. Das Gesamtklassement bleibt spannend.“
Movistar überraschte Serna positiv: „Sie kamen ohne Ambitionen auf die Gesamtwertung, haben nicht die beste Aufstellung, und dennoch lagen sie nur 17 Sekunden hinter UAE auf Platz sechs.“ Groupama-FDJ fuhr solide und verlor lediglich 24 Sekunden auf UAE. Gaudu bleibt Sechster, 16 Sekunden hinter Vingegaard. Serna ist gespannt, ob Gaudu seine Form halten kann: „Er könnte ein Außenseiter für das Podium sein.“
Enttäuschend war die Leistung von Jayco Alula: „Normalerweise stark im Mannschaftszeitfahren, heute verloren sie 44 Sekunden. Ein herber Rückschlag für Ben O’Connor, der erneut für das GC kämpft.“
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