DISCUSSION Criterium du Dauphine Etappe 4 | Strauchelt Pogacar? Evenepoel könnte Dauphiné Sieg holen“

Radsport
Mittwoch, 11 Juni 2025 um 21:30
tadejpogacar
Die vierte Etappe des Criterium du Dauphine war ein Einzelzeitfahren – ein Format, das unter den Gesamtklassement-Fahrern (GC-Favoriten) immer für interessante Zeitabstände sorgt, und auch diesmal bildete keine Ausnahme.
Auf den 17,4 Kilometern, die eine kurze, aber harte Steigung in der Mitte beinhalteten, war die Strecke wie gemacht für Remco Evenepoel. Und der Belgier enttäuschte nicht: Er gewann das Zeitfahren – laut einigen Quellen der 1000. Sieg für sein Team Soudal Quick-Step, auch wenn diese Zahl umstritten ist – und übernahm dabei gleichzeitig das Gelbe Trikot von Iván Romeo.
Seine Hauptkonkurrenten Jonas Vingegaard und Tadej Pogacar konnten seinem Tempo nicht folgen und verloren jeweils 21 bzw. 48 Sekunden. Besonders auffällig war der Fall des Slowenen, der während der gesamten Etappe sichtbare Schwierigkeiten zeigte und die Erwartungen nicht erfüllen konnte – beinahe eine Minute Rückstand war die Folge.
Vingegaards Edelhelfer Matteo Jorgenson zeigte ebenfalls eine starke Leistung und war sogar schneller als Pogačar. Florian Lipowitz komplettierte die Top 5 der Tageswertung und liegt in der Gesamtwertung nur fünf Sekunden hinter Evenepoel – eine beeindruckende Vorstellung des jungen Deutschen.
Nach dem Ende der Etappe baten wir einige unserer Redakteure, ihre Einschätzungen und wichtigsten Erkenntnisse zu dem heutigen Renntag zu teilen.

Ivan Silva (CiclismoAtual)

Analyse: Zeitfahren bringt Klarheit im Kampf um das Gelbe Trikot – Sorgen um Pogacar, Dominanz von Evenepoel
Nun, diese Etappe hat wirklich einiges zur aktuellen Form der Klassementfahrer mit Blick auf die Tour de France offenbart. Remcos Sieg war zwar erwartet, aber der Zeitverlust von Tadej Pogačar ist durchaus besorgniserregend.
Es sah so aus, als hätte Pogacar während des Rennens ein mechanisches Problem, möglicherweise wollte er danach nicht das Rad wechseln. Doch bereits davor lag er deutlich zurück und konnte am Ende nicht einmal Jonas Vingegaard hinter sich lassen. Das weckt Erinnerungen an das Zeitfahren der Tour 2023, bei dem er vom Dänen deutlich geschlagen wurde – und tags darauf in den Bergen, wie er selbst sagte, „komplett tot“ war.
Das Zeitfahren selbst schien fast ausschließlich unter den Klassementfahrern ausgetragen worden zu sein. Alle anderen lagen deutlich zurück – kein gutes Zeichen für die Spezialisten, die sich bei der Tour Hoffnungen auf einen Etappensieg machen. Noch ist allerdings unklar, ob Filippo Ganna oder Joshua Tarling überhaupt für INEOS zur Tour nominiert werden. Gerüchten zufolge ist nur noch ein Platz im Aufgebot frei – und ehrlich gesagt sehe ich momentan keinen Zeitfahrspezialisten, der unserem Weltmeister Evenepoel ernsthaft gefährlich werden könnte.
Die aktuelle Gesamtwertung ist jedenfalls sehr spannend. Alle Favoriten liegen eng beieinander – aber es sind vor allem die offensiv ausgerichteten Fahrer, die nun Rückstände aufholen müssen. Das verspricht aggressive Etappen und viele Attacken in den kommenden Tagen. Wir können uns also auf unterhaltsame Rennen freuen!

Rúben Silva (CyclingUpToDate)

Analyse: Täglicher Trikotwechsel, ein französisches Supertalent und ein angeschlagener Pogacar – Die Dauphiné bleibt spannend
Eine erneut aufschlussreiche Etappe beim Criterium du Dauphine– nicht nur, weil sich das Gelbe Trikot inzwischen fast täglich den Träger wechselt, sondern auch wegen der spannenden Entwicklungen im Gesamtklassement. Besonders erfreulich aus französischer Sicht: Paul Seixas. Der erst 18-jährige Kletterer fuhr ein überragendes Zeitfahren und landete in den Top 10 – ein starkes Zeichen für die Zukunft des französischen Radsports.
Die große Nachricht des Tages bleibt jedoch Tadej Pogacars unerwartet deutlicher Zeitverlust. Ich hatte im Vorfeld durchaus erwartet, dass das „große Trio“ – Evenepoel, Vingegaard und Pogacar – in dieser Reihenfolge das Zeitfahren beenden würde. Doch mit solch großen Zeitabständen habe ich nicht gerechnet.
Damit bekommt das Rennen eine neue Dynamik: Remco Evenepoel scheint plötzlich ein sehr realistischer Kandidat für den Gesamtsieg zu sein – was vor dem Zeitfahren noch fraglich war. Und gleichzeitig steht Pogacar nun unter Zugzwang. Wenn er diese Rundfahrt, die er bislang noch nie gewonnen hat, tatsächlich für sich entscheiden will, wird er in den kommenden Etappen angreifen müssen. Doch genau das macht die kommenden Tage so spannend: Beide Rivalen – Evenepoel und Vingegaard – präsentieren sich in absoluter Topform.
Ein packender Kampf um das Maillot Jaune ist vorprogrammiert.

Miguel Marques (CiclismoAtual)

Evenepoel glänzt, Pogacar schwächelt – und das Rennen ist völlig offen
Wieder eine großartige Etappe – ganz im Sinne der bisherigen Spannung beim Criterium du Dauphine 2025! Für mich war Remco Evenepoel schon vor dem Zeitfahren der Top-Favorit, und der Belgier hat diese Einschätzung mit einer eindrucksvollen Leistung eindrucksvoll bestätigt. Was allerdings überrascht hat: Tadej Pogacar verlor trotz eines kleinen mechanischen Problems, das er selbst behob, ganze 48 Sekunden. Für den Weltmeister war es ein durchwachsener Tag – das lässt sich nicht leugnen.
Ganz anders präsentierte sich Jonas Vingegaard. Der Däne übertraf meine Erwartungen und zeigte, dass er sich in bestechender Form befindet. Damit ist klar: Pogacar muss in den kommenden Bergetappen angreifen, wenn er das Rennen noch für sich entscheiden will. Ein echtes Spektakel erwartet uns also an den letzten drei Tagen – und das Beste: Der Ausgang des Rennens ist völlig offen.
Besonders hervorheben möchte ich auch Matteo Jorgenson. Der US-Amerikaner hat sich mit seiner starken Vorstellung definitiv in die Favoritengruppe für das Podium gefahren. Auch Florian Lipowitz und Eddie Dunbar zeigten ein solides Zeitfahren und bleiben aussichtsreich im Kampf um die Top Ten.
Für viele vielleicht eine Überraschung: Paul Seixas. Der junge Franzose ist erst 18 Jahre alt, fuhr aber ein starkes Zeitfahren. Für mich war er schon vor dem Rennen ein Geheimtipp – und seine Leistung bestätigt meinen Eindruck: Er hat das Potenzial, die Rundfahrt in den Top Ten zu beenden.
Das Critérium du Dauphiné bleibt ein faszinierender Gradmesser vor der Tour de France – mit einer spannenden Mischung aus etablierten Stars und aufstrebenden Talenten.

Carlos Silva (CiclismoAtual)

Erste Gedanken: Jorgenson brennt, Seixas überrascht – Evenepoel, Vingegaard top, Pogacar enttäuscht
Ein starkes Zeichen setzt Matteo Jorgenson mit seiner Leistung im Zeitfahren – eine absolute Referenz mit Blick auf Zielsetzungen im Gesamtklassement. Und dann Paul Seixas: ein erst 18-jähriger Nachwuchsfahrer, der es in die Top 10 schafft – hat mich richtig überrascht und meine Vorfreude auf die kommenden Tage geweckt!
Remco Evenepoel ist weiterhin eine Maschine auf dem Zeitfahr-Rad – beeindruckend in jeder Hinsicht. Jonas Vingegaard lieferte ebenfalls ein gutes Zeitfahren ab, verteidigte seine Position und ist in einer hervorragenden Position, in den Bergen sogar ins Gelbe Trikot zu fahren.
Tadej Pogacar war nicht der "Verlierer des Tages“, aber sicher die große Enttäuschung. Vielleicht das schwächste Zeitfahren seiner Karriere – ein wirklich ungünstiger Tag für den Slowenen. Jetzt heißt es überall, Pogacar müsse in den Bergen angreifen – ja, sicher wird das Rennen spannender. Aber das weiß man auch: UAE verfügt nicht über den stärksten Mannschaftsbund, Jonas hat bereits bewiesen, dass er in Topform ist, und Evenepoel geht mit einem echten Motivationsschub aus einem Frühjahr praktisch ohne Rennen in die Berge.
Denn manchmal reicht es nicht, einfach nur die besten Beine zu haben – man braucht auch eine hoch motivierte Einstellung. Und heute gingen Evenepoel und Vingegaard in Sachen Psyche klar als Sieger vor Pogacar hervor. Dann ab in die Berge – dort wird sich zeigen, wer den Gesamtsieg wirklich holen will.

Juan López (CiclismoAlDía)

Misstöne im Zeitfahren: Pogacar schwächelt, Vingegaard & Evenepoel glänzen – Movistar ohne Glanz
Für mich war das absolute Highlight des Zeitfahrens die schwache Leistung von Tadej Pogacar. Er bot nicht das, was von einem der Hauptfavoriten erwartet wird – und wenn er bei den Zeitfahren der Tour de France ähnlich fährt, wird es schwer gegen Jonas Vingegaard. Der Däne sieht blendend aus, wirkt entspannt und souverän – lächelt fast die ganze Dauphiné über. Und Remco Evenepoel? Er lieferte ab, wie man es von ihm erwartet – was nicht immer selbstverständlich ist.
Ein weiterer Blick lohnt sich auf ehemalige Movistar-Teamfahrer, denn Matteo Jorgenson (3.) und Remi Cavagna (6.) lieferten beeindruckende Ergebnisse – ganz anders als das schwache Abschneiden des aktuellen Movistar-Teams bei Zeitfahren. Enric Mas blieb erwartungsgemäß enttäuschend schwach.
Eine spezielle Erwähnung gebührt Iván Romeo, dem bisherigen Leader. Nach seinem beeindruckenden Tagessieg gestern wirkte er heute etwas unter Druck. Ich bin überzeugt, er hätte das Gelbe Trikot behalten können – vielleicht mit ein paar Sekunden mehr Rückstand. Er ist jung und mit dem Potenzial, bei der U23-WM stark aufgefallen zu sein. Hoffentlich wird er nicht durch das schwache Movistar-Zeitfahrtempo gebremst.

Félix Serna (CyclingUpToDate)

Die Hauptgeschichte des Tages ist Tadej Pogacar.
Es gibt viele Fragen zu seiner Leistung, leider wollte er nach der Etappe nicht mit den Medien sprechen, um Erklärungen zu geben. Schon von Anfang an gab es schlechte Zeichen: Pogacar wirkte auf dem Rad unwohl und trank sogar Wasser – etwas sehr Ungewöhnliches bei einem etwa 20-minütigen Zeitfahren. Außerdem schaute er sich nach der Zeitfahrt noch Vingegaards Rad an.
Die wichtigste Schlussfolgerung ist, dass das Colnago-Rad, das er für Zeitfahren nutzt, offenbar Mängel hat, die seine Leistung beeinträchtigten. An einer schnellen Abfahrt kurz vor dem Zwischenzeitpunkt war deutlich zu sehen, dass er Probleme hatte, das Rad unter Kontrolle zu halten – er war fast am Sturz.
Das war zwar nicht der einzige Grund für seinen großen Zeitverlust auf Evenepoel und Vingegaard, spielte aber eine wichtige Rolle. Positiv für ihn ist zumindest, dass dies nicht bei der Tour de France passiert ist, was viel katastrophaler gewesen wäre. UAE und Pogacar haben also noch genug Zeit, das Problem zu beheben.
Renntechnisch war Pogacars Schwäche eine perfekte Ausgangslage für die Zuschauer. Der große Favorit hat gegenüber seinen zwei Hauptkonkurrenten viel Zeit verloren und ist nun gezwungen, offensiv zu fahren. Wir wissen, dass Pogacar nicht viele Anreize braucht, um anzugreifen – aber jetzt muss er es.
Das ist eine ungewöhnliche Situation, denn normalerweise sehen wir Pogacar nicht in der Position, gezwungen zu sein anzugreifen. Meistens ist er der frühe Führende, und seine Rivalen müssen reagieren. Das Rennen ist jetzt viel offener, und mit drei schweren Bergetappen in den nächsten Tagen verspricht es spannend zu werden – jetzt noch mehr als zuvor.
Remco Evenepoel enttäuschte nicht und bestätigte, warum er derzeit Olympiasieger und Weltmeister im Zeitfahren ist. Er wird in diesem Bereich fast unschlagbar, nur Ganna oder Tarling könnten ihm auf komplett flachen Zeitfahren gefährlich werden. Bei einem Anstieg in der Mitte der Strecke – wie heute – ist er schlicht der Beste. Er hat 24 von 48 Zeitfahren seiner Karriere gewonnen…
Mit dem Gelben Trikot auf den Schultern ist das für ihn auch ein großer Motivationsschub vor den entscheidenden drei Etappen am Wochenende. Ich glaube zwar nicht, dass er es bis zum Ende verteidigen kann, aber ich würde mich freuen, wenn er mich eines Besseren belehrt.
Jonas Vingegaard lieferte ebenfalls ein großartiges Zeitfahren ab – genau wie erwartet. Gegen Evenepoel zu verlieren war so gut wie sicher, aber Pogacar um fast eine halbe Minute zu schlagen, hätten nur wenige erwartet, nicht einmal die Optimisten. Ein moralischer Sieg für Visma, aber das Rennen ist noch lange nicht entschieden.
Abseits der Top Drei beeindruckten einige andere Fahrer. Jorgenson und Lipowitz bewiesen, dass sie zu den besten Fahrern gehören, beide haben gute Chancen auf die Top 5, vor allem Lipowitz – er ist Teamleiter, im Gegensatz zu Jorgenson, der eventuell für Vingegaard arbeiten muss.
Van der Poel zeigte ebenfalls ein beeindruckendes Zeitfahren und war besser als alle Zeitfahrspezialisten. Er war bislang herausragend beim Dauphiné. Eddie Dunbar legte ebenfalls eine starke Fahrt hin, ich hätte nie erwartet, dass er die meisten Spezialisten schlägt.
Die anderen GC-Fahrer waren dicht beieinander und fuhren erwartungsgemäß. Der Schlechteste unter ihnen – abgesehen von Max Poole, der einen Sturz hatte und deshalb entschuldigt ist – war Enric Mas, der mehr als zwei Minuten auf Evenepoel verlor. Kein Wunder, er scheint sich nicht zu verbessern…
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