"Die Tour-Teilnahme kostet uns Geld“: Visma-Chef erklärt, warum One Cycling für den Radsport notwendig ist

Radsport
Donnerstag, 29 Mai 2025 um 9:30
richardplugge
Richard Plugge gehört zu den treibenden Kräften hinter dem ambitionierten Projekt "One Cycling“. Dessen Hauptziel ist es, den Radsport weniger von einzelnen Sponsoren abhängig zu machen und stärker auf direkte Einnahmen zu setzen. Ein ehrenwertes Ziel – doch bevor eine Revolution im Profi-Radsport tatsächlich starten kann, müssen noch einige Hürden genommen werden. Deshalb gibt es seit der Ankündigung im Jahr 2023 noch keine konkreten Pläne, die den Sport grundlegend verändern würden.
"Der Radsport hat das Potenzial, für viele Beteiligte viel größer zu sein“, begann Plugge im Podcast In de Waaier. "Schaut man sich Fußball oder die Formel 1 an, sind diese Sportarten viel stärker kommerziell entwickelt, weil dort mehr Zusammenarbeit stattfindet. 95 Prozent unserer Einnahmen stammen aus Sponsoring, während in anderen Sportarten ein großer Teil der Erlöse direkt vom Sport selbst kommt. Das wollen wir ändern.“
Der Chef von Team Visma | Lease a Bike sorgt mit einer überraschenden Offenbarung für Aufsehen: Selbst das Team um den zweifachen Tour-Sieger Jonas Vingegaard fährt bei einem der weltweit meistgesehenen Sportereignisse trotz Startgelds mit Verlusten.
"Bei der Tour de France erhalten wir zwar ein Startgeld, aber das reicht bei Weitem nicht aus, um alle Kosten zu decken. Die Teilnahme an der Tour kostet uns oft Zehntausende Euro“, erklärt Richard Plugge. "Unterdessen verdient der Veranstalter ein enormes Vermögen.“
Wo fließt das ganze Geld hin? Plugge zeigt mit dem Finger auf den Veranstalter ASO, der offenbar wenig Interesse an den Werten des One Cycling-Projekts zeigt – verständlich, denn dadurch würde ein Teil ihrer Einnahmen wegfallen.
"ASO will alles so belassen, wie es ist, aber so bewegt man den Sport nicht nach vorne. Ich finde, man sollte immer nach Wegen suchen, den Sport zu verbessern – gerade als so mächtige und einflussreiche Organisation. Ich respektiere ihre Entscheidung, aber ich finde sie enttäuschend. Ich bin überzeugt, dass der gesamte Sport von Veränderungen profitieren würde.“

Kalender

Der volle Rennkalender erschwert es zudem, neue Zuschauer für den Radsport zu gewinnen, glaubt Plugge. „Versucht mal zu erklären, warum Jonas Vingegaard zum Beispiel nicht gegen Tadej Pogačar bei der Flandern-Rundfahrt antritt. Für jemanden, der Radsport verfolgt, ist das leicht verständlich – aber wie soll man das jemandem erklären, der keine Ahnung von der Materie hat? Die UCI muss dafür sorgen, dass die großen Stars bei den wichtigsten Rennen öfter gegeneinander fahren. Aktuell gibt es einfach zu viele Rennen.“
Plugge zieht einen Vergleich zum Fußball, wo klare Wettbewerbsebenen existieren – mit der Champions League an der Spitze. "Als Messi noch in Europa spielte, war es undenkbar, dass er nicht in einem Champions-League-Spiel dabei war“, so Plugge.
Ein ähnliches Format könnte seiner Meinung nach viele neue Fans auch für den Radsport gewinnen. Doch derzeit treffen die Besten der Besten nur zwei- bis dreimal pro Saison aufeinander – das reicht nicht aus. „Natürlich muss nicht jeder Fahrer an allen großen Rennen teilnehmen, aber aktuell sind nur etwa 30 Prozent der Top-Fahrer am Start. Das sollte deutlich näher bei 70 Prozent liegen.“
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