„Die schlimmsten 15 Tage meines Lebens" - Ehemaliger Tour-de-France-Sieger und Vuelta-Organisator sagt, das Rennen sei "politisch instrumentalisiert" worden

Radsport
Donnerstag, 18 September 2025 um 16:00
VueltaAEspana
Óscar Pereiro, Tour-de-France-Sieger von 2006 und heute Teil des Organisationskomitees der Vuelta a Espana, hat sich nach den dramatischen Vorfällen der diesjährigen Rundfahrt zu Wort gemeldet. In einem Interview mit El Chiringuito schilderte er eindringlich die schwierigen Tage, die er und das gesamte Team während der Vuelta 2025 durchstehen mussten. Statt sportlicher Schlagzeilen dominierten Proteste, politische Spannungen und gewalttätige Zwischenfälle das Bild der Rundfahrt.
„Mir geht es besser, aber ich war wirklich am Ende. Es waren wahrscheinlich die schlimmsten 15 Tage meines Lebens“, erklärte Pereiro. Der 47-Jährige sprach offen über den enormen Druck, die Hilflosigkeit und die Aggressionen, die er und seine Kollegen erlebt haben.

Beschimpfungen, Angriffe und ein abgebrochener Schlusstag

Von Anfang an standen die Organisatoren im Kreuzfeuer der Kritik. Pereiro berichtet, dass Mitarbeiter und Fahrer massiv beleidigt und bedroht wurden. „Es gibt keinen einzigen Menschen bei der Vuelta, der das unterstützt, was in Gaza passiert. Und trotzdem wurden wir als Feinde dargestellt – obwohl wir doch für Frieden stehen.“
Es gab viele Auseinandersetzungen bei der Vuelta a España 2025. @Imago
Es gab viele Auseinandersetzungen bei der Vuelta a España 2025. @Imago
Besonders drastisch beschreibt er die Eskalation auf der Strecke von Figueres nach Madrid. „Einen Meter vor unseren Gesichtern wurden wir Mörder, Völkermörder und Ausverkäufer genannt. Man hat uns bespuckt, mit Urin beworfen und sogar Reißzwecken nach den Fahrern geschleudert. Mehrere Athleten sind deswegen gestürzt.“ Unter diesen Umständen sei früh klar gewesen: Ein traditionelles Finale in Madrid sei unmöglich. „Wir wussten, dass wir es nicht schaffen würden.“
Statt eines sportlichen Festes endete die Vuelta 2025 in einem Klima der Gewalt. Für Pereiro bleibt der bittere Eindruck, dass die Organisatoren nicht Täter, sondern Opfer waren – und dennoch in der Öffentlichkeit zu Sündenböcken gemacht wurden.

Politik, Proteste und fehlender Rückhalt

Besonders scharf kritisierte Pereiro die Rolle der Politik. „Wir hatten das Gefühl, völlig allein gelassen zu sein. Kein Schutz, keine Unterstützung. Die UCI hat geschwiegen, das IOC ebenfalls.“ Auch die spanische Regierung sei ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden.
Laut Pereiro hätten Politiker die Proteste teilweise sogar gefördert. „Ehemalige Minister und Abgeordnete blockierten Straßen, sie wollten die Fahrer einschüchtern.“ Dass Innenminister und Regierungschef die Demonstrationen anschließend als „friedlich“ bezeichneten, empfindet er als blanken Hohn. „Ich war dort. Da war nichts friedlich.“
Die Bilanz spricht für sich: In Madrid wurden 22 Polizisten verletzt, obwohl sie den Befehl hatten, nicht einzugreifen. „Und dieses Land will eine Fußball-Weltmeisterschaft organisieren?“, fragte Pereiro sarkastisch.
Sein Vorwurf ist eindeutig: Die Vuelta sei für politische Zwecke instrumentalisiert worden. „Niemand hat uns geholfen. Am Ende mussten wir fliehen.“

„Haben sie den Mut?“ – Pereiro fordert klare Haltung

Zum Abschluss des Interviews wandte sich Pereiro direkt an die Regierung. Seine Worte hatten dabei mehr den Charakter einer Herausforderung als einer Bitte. „Wir werden sehen, ob die Regierung den Mut hat, Spanien von der Weltmeisterschaft abzumelden, wenn Israel dabei ist.“
Es ist ein Satz, der weit über den Radsport hinausgeht – und zeigt, wie sehr die Vuelta a España 2025 von politischen Konflikten überschattet wurde. Für Óscar Pereiro bleibt sie eine der schmerzhaftesten Erfahrungen seines Lebens.
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