Yana Seel, ehemalige CBO von
Lotto Dstny, findet, dass
einige Teams im Radsport zu sehr in der Vergangenheit hängengeblieben sind, was
ihren Umgang mit Sponsoren betrifft. Seel war in der Vergangenheit für Astana
Qazaqstan tätig und in den letzten zwei Jahren als CBO (Chief Business Officer;
Anm. d. Autors) bei Lotto Dstny, auch wenn sich deren Wege inzwischen getrennt
haben.
In einem Gespräch mit Het Nieuwsblad bemerkte Seel, dass
fast jedes Team dauerhaft auf der Suche nach Sponsoren sei, darüber jedoch
vergesse, dass ein Sponsoring heutzutage auf ein ‚Return on Investment‘
hinauslaufen sollte, sprich: Ein Sponsor erwarte eine Gegenleistung.
„Viele Teams leben noch in der Vergangenheit. Der Sponsor
darf zahlen, aber im Übrigen muss er wissen, wo er hingehört, und vor allem
muss er uns in Ruhe lassen,“ sei die Denkart der meisten Teams, so Seel. „Aber
so funktioniert es nicht mehr. Alle verstehen, dass die sportliche Zelle frei in
ihren Entscheidungen sein sollte, aber sie sollten nicht vergessen, wer
letztendlich die Rechnungen bezahlt. Die Sponsoren sind anspruchsvoll geworden.
Sie sind nicht mehr mit einem Platz auf einem Trikot zufrieden. Sie wollen
einbezogen werden. Und das bedeutet: Aktivierung, Gastfreundschaft, Kampagnen
und so viel Flexibilität, dass es für die Mannschaft oft zu viel wird...“
Während ihrer Zeit bei Lotto Dstny habe auch sie selbst
immer wieder Situationen erlebt, in welchen sie mit ihrem CEO Stéphane Heulot,
dem Nachfolger von John Lelangue, aneinandergeriet. "Dann wurde ein
Vertrag unterzeichnet und man sah den Rest aufatmen. 'Super, wieder Geld auf
dem Konto.' Aber für mich war das oft der Moment, in dem der Albtraum
begann."
Während Yana Seel selbst Ambitionen mit dem Sponsor im Sinn
hatte, wurde ihr von Seiten der Chefetage mitgeteilt, dass es zu schwierig,
unmöglich, schlichtweg zu viel verlangt sei. Beim
UAE Team Emirates brauche man sich
schließlich auch nicht um sowas kümmern. „Möglicherweise bekommen sie dort nur
einen großen Sack voll Geld, ohne weitere Verpflichtungen. Aber die meisten
Radsportteams müssen dringend erkennen, dass sie diesen Luxus der UAE nicht
haben," gibt sie zu bedenken.
Sponsoren seien im Regelfall die einzige Einnahmequelle der
Teams, da Startgelder oder gar nicht vorhandene TV-Geld Beteiligungen nicht
ernsthaft in Betracht zu ziehen seien. Daher solle man eher an einer
ausgereiften Sponsoring Politik arbeiten. Bei Teams wie
LIDL-Trek oder auch
Soudal - Quick-Step habe man mittlerweile eine „gut strukturierte und geplante
Marketingkampagne“, doch die meisten Teams sollten ihr Augenmerk stärker darauf
richten. "Derzeit verpasst der Sport viel zu viele Gelegenheiten und hält
sich oft selbst arm," schließt sie.