Am Wochenende wurde Juan Ayusos
Rennkalender bei Lidl-Trek klar. Er bringt ihm genau das, was er bei UAE Team Emirates wollte, dort aber nie bekam. Nach dem Abschied durch die Hintertür führt der Valencianer das deutsche Team bei der
Tour de France an, sein gesamtes Programm ist darauf ausgerichtet, bei der Grande Boucle zu 100 Prozent anzureisen.
Der Weg dorthin ist jedoch alles andere als sanft. Ayusos Plan ist gespickt mit Top-Rennen, in denen er immer wieder auf die Weltspitze trifft. Die Spannung beginnt sofort mit seinem Saisondebüt am 18.02. bei der Volta ao Algarve, wo er auf Ex-UAE-Teamkollege Joao Almeida trifft, mit dem er sich öffentlich mehr als einmal gekreuzt hat. Auch Remco Evenepoel könnte dort starten, das ist allerdings noch unbestätigt.
Es folgt Anfang März Paris–Nizza, voraussichtlich mit einem weiteren Wiedersehen mit Almeida. Die Ziele sind verschieden: Der Portugiese peilt den Giro d’Italia an, Ayuso richtet den Fokus klar auf die Tour de France. Der Vergleich wird dennoch unausweichlich. Nach diesen beiden frühen Duellen dürften erste Urteile über Ayusos Wechsel zu
Lidl-Trek und die Klugheit dieser Entscheidung fallen.
Sein frühes Etappenrenn-Block endet bei Itzulia, wo er erneut auf einen Ex-Teamkollegen, Isaac del Toro, trifft – dazu auf den vertrauten Rivalen Primoz Roglic. Es ist eine weitere wichtige Prüfung, bevor Ayuso den Blick auf die Klassiker richtet.
Es folgt der Ardennen-Block, mit Ayuso auf der Jagd nach einem starken Ergebnis beim Flèche Wallonne. Gegner wie Remco Evenepoel, Romain Gregoire, Paul Seixas, Thibau Nys, Cian Uijtdebroeks und sein eigener Teamkollege Mattias Skjelmose dürften das Rennen schwer machen. Auf dem Papier gilt der Mur-Klassiker für den in Barcelona geborenen Fahrer nicht als ideal.
Lüttich–Bastogne–Lüttich bringt dann das erste Aufeinandertreffen mit Tadej Pogacar. Es ist ein erster echter Test in einem Monument, das zuletzt von Pogacar und Evenepoel geprägt wurde. Offen ist, ob Ayuso bei den Klassikern als klarer Anführer von Lidl-Trek startet oder für Skjelmose arbeitet.
Sein letztes Rennen vor der Tour wird das frühere Critérium du Dauphiné sein, das ab 2026 Tour Auvergne Rhône-Alpes heißt. Pogacar wird fehlen, unklar ist, ob Jonas Vingegaard startet. Fahrer wie Del Toro, Evenepoel und Uijtdebroeks werden erneut erwartet.
Die Tour als ultimativer Maßstab
Ayuso führte UAE Team Emirates beim Giro d’Italia 2025 an, stürzte jedoch auf der Strade-Etappe, die auch Roglic aus dem Rennen nahm. Später gab er nach einem Wespenstich auf – eine beinahe surreale Abfolge. Bei der jüngsten Vuelta a España fuhr er offen auf Etappensiege und spielte im Gesamtklassement keine Rolle.
Mit erst 23 Jahren sind seine Qualitäten unbestritten. Er ist ein etablierter Kletterer und ein starker Zeitfahrer, besonders auf kürzeren Distanzen, mit klarem Potenzial für längere Prüfungen. Bei seinen ersten beiden Grand Tours stand er auf dem Podium und wurde Vierter. Die nächsten zwei endeten nach Stürzen im Aus. Bei seiner jüngsten Grand Tour, in der er nicht auf Gesamt fuhr, weil der Fokus auf den Weltmeisterschaften lag, gewann er dennoch zwei Etappen.
Ihn deshalb für künftige große Grand-Tour-Ergebnisse abzuschreiben, wäre voreilig. Gleichzeitig lässt sich das Risiko nicht ausblenden: die offene Konfrontation mit UAE Team Emirates und ein Kalender, der ihn direkt gegen Pogacar, Vingegaard, Evenepoel und den Rest der Elite stellt.
Ayuso ist kein junger Kapitän, der vor Erwartungen geschützt wird. Seine letzten zwei Saisons bei UAE sorgen für unvermeidliche Beobachtung, die Geduld könnte begrenzt sein. Klar ist: Er nimmt die Herausforderung an. Wie die Überschrift andeutet, könnte die Tour de France 2026 die Richtung seiner Karriere prägen – als Durchbruch oder schmerzhafter Rückschlag für den Valencianer.