„Alle großen Champions haben starke Charaktere, oder?“ – Carlos Verona begrüßt Juan Ayusos Wechsel zu Lidl-Trek und umreißt große Ziele für 2026

Radsport
Mittwoch, 19 November 2025 um 11:30
ayuso
Carlos Verona sieht im Transfer von Juan Ayuso nicht die geringste Gefahr für die gewachsene Struktur bei Lidl-Trek, sondern vielmehr die endgültige Antwort auf eine jahrelange Suche. Für den 33-Jährigen, der längst als moralischer Anker des Teams gilt, bringt Ayuso genau jene Mischung aus Talent, Persönlichkeit und Ehrgeiz mit, die eine Mannschaft braucht, um im modernen Grand-Tour-Radsport mitzuhalten.
Im Gespräch mit Domestique zeichnet Verona ein klares Bild: starke Charaktere sind keine Störung, sondern Voraussetzung für Siege. Ayuso, sagt er, passe genau in dieses Profil – und Lidl-Trek sei der richtige Ort, um aus diesem Talent endlich Konstanz und Stabilität zu formen.

„Alle großen Champions haben starke Charaktere“

Verona begrüßt den früheren UAE-Fahrer ausdrücklich. Er spricht von einem Team, das seine Fahrer „wirklich sie selbst sein lässt“ und dadurch ein Umfeld schafft, in dem große Persönlichkeiten wachsen können.
„Alle großen Champions haben starke Charaktere“, sagt er. „Manche zeigen das nach außen, andere behalten es für sich – aber sie alle haben etwas Besonderes. Deshalb sind sie Sieger.“
Nach einigen Tagen mit Ayuso bei der WM in Kigali widerspricht Verona dem Bild des launischen Youngsters, das oft von außen vermittelt wird. „Ich glaube nicht, dass die Öffentlichkeit die beste Version von ihm sieht. Ich finde, er ist ein netter Kerl. Und ich denke, wir können ihm ein gutes Umfeld bieten, damit er ein neues Kapitel seiner Karriere anders beginnen kann.“

Ein Führungsspieler, der durch Dienen gewachsen ist

Veronas Worte haben Gewicht, weil sie von einem Fahrer kommen, der den Wert von Teamarbeit wie kaum ein anderer verinnerlicht hat. Lange vor seinem emotionalen Giro-Etappensieg 2025 definierte er sich nicht über Ergebnisse, sondern über Hingabe.
„Wenn du ein Gregario bist, arbeitest du für die Mannschaft“, sagt er. „Der Giro-Sieg war nicht der Moment, um emotional zu werden – sondern fokussiert zu bleiben und alles perfekt zu machen.“
Gerade diese Haltung macht ihn zu einer Schlüsselfigur im Aufbau eines stabilen Kerns, in den Ayuso nun hineinwächst. Und sie erklärt, warum Lidl-Trek ihm mit 33 Jahren einen außergewöhnlich langen Dreijahresvertrag gab.

„Zahlen sind nicht alles“ – Verona fordert menschlichen Radsport

Immer deutlicher positioniert sich Verona auch gegen eine Entwicklung, die den modernen Radsport zunehmend prägt: die Reduktion auf Leistungswerte.
„Heutzutage können alle richtig gute Zahlen treten“, sagt er. „Aber am Ende geht es um viel mehr. Wir leben monatelang zusammen, weit weg von den Familien. Du brauchst die richtigen Menschen, um für einander zu kämpfen.“
Diese Haltung zieht sich durch Veronas gesamte Karriere – und spiegelt sich auch in seinem Engagement abseits des Rennfahrens, etwa bei der Mitgründung der Andorra MoraBanc Classica.

Keine Angst vor Kritik – keine Angst vor Klartext

Verona ist inzwischen einer, der unbequeme Themen offen anspricht. Als er während der Vuelta die Organisatoren wegen politisch aufgeladener Proteste kritisierte und Online-Gegenwind erntete, blieb er unbeirrt.
„Es macht mich traurig, wenn der Sport für politische Dinge instrumentalisiert wird“, sagt er. „Wir waren einem unnötigen Risiko ausgesetzt.“
Ebenso offen reagierte er auf Kritik aus Spanien an seiner Wahlheimat Andorra. „Es ist nicht nur eine Postadresse. Als Profi bist du fast 180 Tage im Jahr weg. Du brauchst einen Ort, der dir das Beste bietet – fürs Training, fürs Leben, auch finanziell.“

Blick nach vorn: Eine Grand Tour gewinnen – endlich

Verona hat in seiner Karriere viel erlebt: 17 Grand Tours, eine Dauphiné-Etappe, einen Giro-Triumph. Und doch bleibt ein Ziel unerfüllt.
„Ich möchte eine Grand Tour mit einem Teamkollegen gewinnen. Das habe ich in all meinen Grand Tours nie geschafft. Ich hoffe sehr, dass wir das in den nächsten drei Jahren schaffen.“
Mit Lidl als starkem Eigentümer, massiven Investitionen und dem hochkarätigen Neuzugang Ayuso scheint dieses Ziel greifbarer denn je. Ayuso kommt nicht als Konkurrent, sondern als jener Fahrer, um den herum sich ein Projekt formen lässt.
Wenn Lidl-Trek in den kommenden Jahren eine Grand Tour gewinnt, stehen die Chancen gut, dass zwei Spanier im Mittelpunkt dieses Erfolgs stehen werden: Ayuso als Kapitän – und Verona als der Mann, der ihn dorthin führt.
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