Wie überall, wo er auftaucht, richtet sich auch bei den Europameisterschaften in der Ardèche sofort alle Aufmerksamkeit auf
Mathieu van der Poel. Noch ist seine Teilnahme nicht offiziell bestätigt, doch die Chancen stehen gut, dass er für die Niederlande an den Start geht. Der 30-Jährige hat in den vergangenen Wochen gezeigt, dass er nach seiner Lungenentzündung und dem Sturz im Frühjahr wieder auf höchstem Niveau fährt: Sieg bei der Renewi Tour, Platz sechs im XCO-Weltcup von Les Gets. Für Nationaltrainer Koos Moerenhout ein Signal, dass er sein Ass ausspielen kann.
Dabei ist Van der Poels Saisonplanung eindeutig: Der Fokus liegt auf dem Mountainbike-Weltmeistertitel in Crans-Montana. Deshalb wird er auch nicht bei den Straßen-Weltmeisterschaften in Kigali zwei Wochen nach der EM starten. Doch da die kontinentalen Titelkämpfe keine langen Reisen erfordern, passt die Ardèche noch in sein Programm. „Normalerweise ist es in meinem Terminkalender vermerkt, aber wir müssen abwarten, wie sich die Dinge entwickeln“, erklärte Van der Poel bereits vor der Renewi Tour.
Ein Kurs, der an die Grenzen geht
Die Strecke der EM gilt als brutal. Organisator Guillaume Delpech erklärte schon während der Tour de France: „Ich denke, der Kurs ist zu hart für Van der Poel“, und sah stattdessen Fahrer wie Remco Evenepoel, Tadej Pogačar oder Jonas Vingegaard als Favoriten. Nationaltrainer Moerenhout widerspricht: „Ich habe den Kurs selbst erkundet und die Erkenntnisse mit den Fahrern geteilt, Mathieu eingeschlossen. Ja, er bringt ihn wirklich an die Grenzen. Aber ist es unmöglich? Nein. Wenn die anderen Favoriten sich belauern, anstatt das Tempo zu erhöhen, kann Mathieu bis in die entscheidenden Momente überleben.“
Moerenhout erinnert an die Straßen-WM in Zürich, wo Van der Poel trotz einer für ihn ungünstigen Strecke Bronze holte. „Viele dachten, das sei nicht sein Terrain. Aber er hat es bewiesen.“
Der entscheidende Unterschied
Laut Moerenhout liegt Van der Poels Vorteil nicht nur in seiner taktischen Cleverness, sondern auch in seiner außergewöhnlichen Regenerationsfähigkeit: „Eine seiner größten Stärken ist, dass er sich unglaublich schnell erholen kann.“ Zudem spielt der Streckenverlauf in der Ardèche ihm am Ende ein Stück weit in die Karten: Zwar warten sechs Runden rund um Valence, doch in den letzten drei Runden wird der lange Anstieg gestrichen. „Es bleibt anspruchsvoll, aber das ist ein großer Unterschied. Der Schlussanstieg kommt ihm sogar eher entgegen.“
Damit steht Van der Poel vor einer altbekannten Herausforderung: Ein Rennen, das auf dem Papier „zu schwer“ wirkt, durch seine Rennintelligenz und seine Fähigkeit, in den entscheidenden Momenten zuzuschlagen, zu seinen Gunsten zu drehen.