Simon Yates hat beim Giro d’Italia 2025 eine Geschichte geschrieben, wie sie nur der Radsport schreiben kann: Sieben Jahre nach seinem bitteren Einbruch am Colle delle Finestre kehrte der Brite an jenen legendären Anstieg zurück – und verwandelte die Bühne seiner größten Niederlage in ein Monument des Triumphs.
Gemeinsam mit Wout Van Aert, seinem kongenialen Helfer bei
Visma - Lease a Bike, schmiedete Yates einen Plan, der in seiner Präzision kaum zu überbieten war. Auf der entscheidenden 20. Etappe zerlegte das Duo das Klassement – und stellte die Gesamtwertung in letzter Minute auf den Kopf.
„Es war klar, dass Yates auf einer Mission war und einen Tag erlebte, von dem Fahrer in solchen Situationen nur träumen können“, analysierte Ex-Profi Bobby Julich in seiner Kolumne für Velo. Auf dem Finestre nahm Yates über eine Minute auf Isaac del Toro und Richard Carapaz heraus – beide zögerten, Yates zündete.
Julich betont: Dieser Sieg war kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis kluger Taktik und maximaler Entschlossenheit:
„Jeder wusste, dass auf dieser Etappe nur der Colle delle Finestre den Unterschied machen konnte. Der Schlussanstieg nach Sestrière ist von dieser Seite zu flach. Wenn Visma - Lease a Bike einen Masterplan hatte – dann hat Yates ihn mit seinen Beinen und seinem Herzen umgesetzt.“
Del Toro: Zu zaghaft für den ganz großen Wurf
Während Yates brillierte, verpasste Isaac del Toro seine große Chance. Julich zeigt Verständnis für das junge Talent, kritisiert aber das fehlende Feuer im entscheidenden Moment:
„Mein einziger Kritikpunkt ist, dass ich am Colle delle Finestre gerne mehr Leidenschaft und Kampfgeist gesehen hätte. Eine Grand Tour gewinnt man nicht im Schonmodus. Wenn du sie am vorletzten Berg verlierst – dann geh wenigstens mit der Zunge am Oberrohr unter!“
Für den 21-jährigen Mexikaner war es dennoch ein Durchbruch – auch wenn fraglich ist, ob er bei einem Team wie UAE Team Emirates bald wieder in eine solche Kapitänsrolle schlüpfen darf:
„Ich hoffe, dass Del Toro aus dieser Erfahrung lernt. Aber mit der Fülle an Top-Fahrern, die UAE noch in der Hinterhand hat, könnte es lange dauern, bis sich erneut eine solche Gelegenheit ergibt.“
Simon Yates’ Revanche auf den Rampen des Finestre war nicht nur emotional, sondern sportlich brillant – eine Etappe für die Geschichtsbücher. Und während Yates seine Karriere mit einem Meilenstein krönte, sammelte Isaac del Toro wichtige Lektionen für die Zukunft.