Die 9. Etappe des Giro d’Italia – die berüchtigte Mini Strade Bianche – bot alles, was Radsportfans lieben: Attacken, Stürze, Defekte, Taktik und jede Menge Drama.
Wout van Aert feierte einen dringend benötigten Triumph und verwies den herausragenden
Isaac del Toro auf Platz zwei. Der Mexikaner distanzierte sämtliche Konkurrenten im Gesamtklassement und eroberte überraschend das Rosa Trikot. Für Primoz Roglic hingegen wurde es ein rabenschwarzer Tag – nach einem Sturz in den Schottersektoren verlor er viel Zeit.
Es war die bislang entscheidendste Etappe des Rennens, ein Tag, dem Fahrer und Fans gleichermaßen entgegengefiebert hatten. Für die meisten zählte jedoch vor allem eines: den Tag unbeschadet zu überstehen. Der Etappensieg rückte dabei für viele in den Hintergrund.
Schon früh im Rennen setzte sich eine Ausreißergruppe um Kaden Groves, Quinten Hermans, Milan Fretin, Taco van der Hoorn, Luke Lamperti und Dries De Bondt ab. Q36.5 Pro Cycling Team übernahm früh die Kontrolle im Hauptfeld, um den Abstand zu begrenzen. Doch als das Feld die ersten Schotterstraßen erreichte, wurde es unruhig.
INEOS Grenadiers und Lidl-Trek zogen geschlossen an die Spitze und sprengten das Feld. Viele Fahrer mussten reißen lassen, einige konnten zur GC-Gruppe zurückkehren. Nicht so Diego Ulissi und Lorenzo Fortunato – sie waren schlecht positioniert und verloren ihre Chancen auf Rosa für XDS Astana.
Das Chaos eskalierte 51 Kilometer vor dem Ziel: Roglic und Pidcock stürzten in einer GC-Gruppe und erlitten wenig später auch noch Reifenschäden. Zeitgleich attackierten Bernal, Arensman, Rivera, Van Aert und Del Toro auf den engen, technischen Straßen. Sie holten die letzten Ausreißer ein, während Ayuso in einer Verfolgergruppe mit weiteren GC-Fahrern kämpfte. Roglic, Pidcock und Derek Gee formierten sich weiter hinten und versuchten gemeinsam, den Rückstand zu minimieren.
Arensman verlor durch einen Defekt den Anschluss, Rivera musste nach starker Arbeit abreißen lassen. In der vorletzten Steigung attackierte Del Toro, während Mathias Vacek zur Spitze aufschloss. Am Colle Pinzuto, dem letzten Schotterabschnitt, wiederholte Del Toro seine Attacke. Nur Wout van Aert konnte folgen – Egan Bernal musste abreißen.
Vacek ließ sich in die Verfolgergruppe zurückfallen, wo UAE Emirates für Ayuso und Ciccone Tempo machte, um Zeit auf Roglic gutzumachen.
Die Entscheidung fiel auf der berühmten Via Santa Caterina. Del Toro setzte Van Aert unter enormen Druck, konnte ihn aber nicht abschütteln. In den letzten Kurven von Siena übernahm Van Aert die Führung und holte sich einen emotionalen Etappensieg – ein Befreiungsschlag nach Monaten voller Rückschläge. Del Toro überquerte als Zweiter die Linie und übernahm das Rosa Trikot.