"Wenn Visma so weiterfährt, werden sie die Tour verlieren – keine Frage" - Chris Horner rechnet mit Vismas Dauphine-Taktik ab

Radsport
durch Nic Gayer
Dienstag, 24 Juni 2025 um 14:00
kuss vingegaard
Mit Blick auf die bevorstehende Tour de France 2025 analysieren Experten jede Bewegung von Jonas Vingegaard und Tadej Pogacar – allen voran Ex-Profi und Vuelta-Sieger Chris Horner. Für ihn bietet das Abschneiden von Team Visma - Lease a Bike beim Critérium du Dauphiné reichlich Diskussionsstoff – und Anlass zur Kritik.
„Ich versetze mich in die Lage eines Sportdirektors bei Visma, jetzt nach der Dauphiné“, beginnt Horner auf seinem YouTube-Kanal. „Normalerweise treffen sich die sportlichen Leiter drei Wochen vor der Tour, um die Abläufe im Rennen zu analysieren – besonders, wenn etwas schiefgelaufen ist. Und das ist in diesem Fall definitiv passiert.“
Horner findet klare Worte: „Wenn sie sich nicht zusammensetzen, sind sie Schwachköpfe. Und ehrlich gesagt – so sahen sie auch bei der Dauphiné aus.“
Pogacar gewann die Eröffnungsetappe der Dauphine
Pogacar gewann die Eröffnungsetappe der Dauphine
Seine Kritik konzentriert sich vor allem auf drei Etappen: 1, 6 und 7.
Auf der ersten Etappe lobt er zunächst Vingegaards Attacke sechs Kilometer vor dem Ziel. „Das war klug – Pogacar wurde gezwungen zu reagieren. Aber dann beginnt Vingegaard, mit ihm zu fahren. Ein kardinaler Fehler“, erklärt Horner. „Mit Pogacar, Evenepoel oder Van der Poel fährt man nicht einfach so zusammen – schon gar nicht, wenn Zeitbonifikationen im Spiel sind.“

"Ein bislang ungesehener taktischer Schnitzer"

Vingegaards eigene Aussage nach dem Rennen – er sei überrascht gewesen, nur vier Sekunden verloren zu haben – deutet für Horner auf eine Fehleinschätzung hin. „Wenn dich das überrascht, war die Aktion ein Fehler. So einen taktischen Schnitzer haben wir von Jonas bislang nie gesehen.“
Auch die sechste Etappe – die erste große Bergetappe – fiel in Horners Analyse durch. „UAE hat das Rennen von vorn gefahren, Bardet als Lockvogel losgeschickt und damit den perfekten Angriff für Pogacar vorbereitet. Visma? Hat mit Attacken von Kuss und Jorgenson 45 Kilometer vor dem Ziel völlig unnötig Energie vergeudet.“
Horner ist überzeugt: „Hätten sie gewartet, wäre Jonas vielleicht am ersten Anstieg bei Pogacar geblieben – oder hätte zumindest das Gelbe Trikot verteidigen können. Aber so? Sie haben es selbst aus der Hand gegeben.“

"Wenn Visma so weitermacht, werden sie die Tour verlieren"

Den Schlusspunkt setzt Etappe sieben – laut Horner ein Paradebeispiel für fehlende Strategie. „Jorgenson war viel zu früh vorn am Madeleine. Das darf nur passieren, wenn man sicher ist, dass Jonas Pogacar am letzten Berg abhängen kann – was nach Etappe sechs völlig unrealistisch war. Statt Jonas zu helfen, wurde Jorgenson verheizt. Wieder ein taktischer Fehler.“
Sein Fazit fällt deutlich aus: „Wenn ich mit den Visma-DS am Tisch säße, würde ich sagen: Wir haben die Etappen 1, 6 und 7 taktisch vermasselt. UAE hat das Rennen klug kontrolliert, Pogacar musste nur auf einer Etappe alles zeigen – und hat trotzdem gewonnen.“
Und Horner warnt: „Jonas hofft, in drei Wochen bei der Tour stärker zu sein – und das kann er auch. Aber wenn Visma so weitermacht wie bei der Dauphiné, werden sie die Tour de France verlieren. Keine Frage.“
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