Vor zwei Jahren sorgte
Victor Lafay am Eröffnungswochenende der Tour de France 2023 für eine Sensation. Auf den steilen baskischen Anstiegen war er der einzige Fahrer, der Jonas Vingegaard und Tadej Pogačar Paroli bieten konnte – und krönte seine Leistung mit einem Sieg auf der zweiten Etappe nach einer späten Attacke. Über Nacht wurde der Cofidis-Profi, dessen Vertrag damals auslief, zum gefragtesten Fahrer auf dem Transfermarkt. Decathlon AG2R La Mondiale sicherte sich seine Dienste mit großen Erwartungen und als Teil eines ambitionierten Projekts.
Während das Team durch die neue Partnerschaft mit einem renommierten Sportartikelhersteller aufblühte, stoppte Lafay eine hartnäckige Knieverletzung. Erst im Juli kehrte er ins Renngeschehen zurück. Trotz des verspäteten Saisonstarts beendete er das Jahr immerhin mit einem vierten Platz bei der Tour of Guangxi – nicht der Höhepunkt, den er sich erhofft hatte, aber zumindest ein positives Signal für die Zukunft.
Doch Verletzungen und Krankheiten blieben ständige Begleiter. Bis Anfang April 2025 kam Lafay gerade einmal auf sechs Renntage, ehe er für vier Monate komplett von der Bildfläche verschwand. Seitdem ist kaum noch etwas von dem Fahrer zu sehen, der einst mit Pogačar und Vingegaard mithalten konnte.
Nun neigt sich das Jahr 2025 dem Ende zu – und Lafay steht ohne Vertrag für die kommende Saison da. Der Transfermarkt ist durch die Fusion von Lotto und Intermarché sowie die unsichere Zukunft von Arkéa-B&B ohnehin ins Wanken geraten. In diesem Umfeld wagt kaum ein Team, auf den gesundheitlich angeschlagenen 29-Jährigen zu setzen. Auch Lafay selbst klingt nicht optimistisch.
„Für 2026 weiß ich es noch nicht“,
erklärte er im Gespräch mit Daniel Benson. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich nächstes Jahr wieder antreten werde. Ich habe mich noch nicht entschieden, aber in diesen zwei Jahren hatte ich viel Zeit, darüber nachzudenken, was ich nach dem Radsport machen möchte. Vielleicht ist es für mich in Ordnung, jetzt aufzuhören. Ich werde mir ein paar Wochen Zeit nehmen und will die Entscheidung treffen, wenn ich mich in guter Form fühle – aber jetzt, wo ich krank bin, ist der Moment nicht der richtige. Nach einem guten Rennen werde ich mich entscheiden.“
Neben seinen gesundheitlichen Problemen sieht sich Lafay auch mit einem Sport konfrontiert, der immer schneller und härter geworden ist – eine Herausforderung, die es für Profis nach langen Verletzungspausen noch schwieriger macht, wieder Anschluss an die Weltspitze zu finden.
Victor Lafay nach seinem Sieg in San Sébastián (Tour de France 2023, Etappe 2)
„Ich bin 29 – kein 19-Jähriger mehr wie diese jungen Fahrer“, sagte Lafay zu Benson. „Der Radsport hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Ich mache das, seit ich fünf Jahre alt bin, mein ganzes Leben lang. Aber es gibt auch noch andere Dinge, die ich tun möchte. Im Radsport riskieren wir unser Leben, und ich habe noch viele andere Pläne, als nur weiter Rennen zu fahren. An erster Stelle möchte ich reisen – aber diesmal richtig genießen, nicht so wie jetzt, wo wir in Länder fliegen und am Ende doch nichts von ihnen sehen.“
Käseliebhaber
„Außerdem möchte ich andere Sportarten ausprobieren. Ich habe viele Ideen, was ich nach meiner Karriere gerne machen würde – zum Beispiel Käse in Japan verkaufen“, sagte er mit einem Lächeln. „Ich liebe Käse. Es gibt viele Dinge, die mich interessieren, und ich bin überzeugt, dass die Zukunft für mich wirklich gut sein wird.“