Die gestrige Etappe des Giro d’Italia wurde von einem folgenschweren Massensturz auf einer unscheinbaren, aber extrem rutschigen Abfahrt überschattet. Zahlreiche Fahrer gingen zu Boden – darunter prominente Namen des Gesamtklassements. Das Rennen wurde daraufhin neutralisiert, die Zeitnahmen und Punkte für das Finale in Neapel annulliert. Doch diese Maßnahmen sorgten nicht nur für Zustimmung.
„Ich frage mich, warum so etwas nur beim Giro d’Italia passiert. Man muss wissen, wie man Rennen fährt“, kritisierte UAE-Teamchef Beppe Saronni im Gespräch mit Quibicisport. „Es reicht nicht, kleine Computer oder das Funkgerät zu haben – man muss seinen Kopf benutzen.“
Saronni mahnt zu mehr Eigenverantwortung im Feld. Für ihn liegt das Risikomanagement in erster Linie bei den Fahrern. „Wer stürzt, kann sich schwer verletzen. Deshalb ist es entscheidend, klug zu handeln – auch was Sicherheitsabstände betrifft. Im Peloton findet Kommunikation statt, die sportlichen Leiter können sich in Ausnahmesituationen auch ohne großes Tamtam verständigen.“
Der schwere Sturz ereignete sich rund 70 Kilometer vor dem Ziel.
Jai Hindley musste mit einer Gehirnerschütterung aufgeben. Auch
Richard Carapaz,
Mads Pedersen und
Paul Magnier gehörten zu den zahlreichen Gestürzten. Wegen der Schwere des Unfalls und dem möglichen Bedarf an mehreren Rettungswagen griffen die Veranstalter zur Neutralisation. Josef Černý und Jay Vine blieben trotz ihrer Beteiligung am Sturz offiziell im Rennen – nach ersten Berichten hatte es anders ausgesehen.
Saronni sieht in der wachsenden Tendenz zur Neutralisation ein zweischneidiges Schwert: „Zu meiner Zeit gab es so etwas nicht. Es kann nicht sein, dass beim Giro jedes Jahr eine Etappe neutralisiert wird. Natürlich muss die Organisation auf Sicherheit achten – aber manchmal liegt das Problem nicht bei der Strecke, sondern bei den Fahrern selbst.“
Er kritisiert eine wachsende Anspruchshaltung im Fahrerfeld: „Es wird zu einfach, mit Rennboykott zu drohen, wenn etwas nicht passt. Der Radsport ist riskant – das verlangt Verantwortung und Intelligenz. Manchmal scheint mir, dass genau das fehlt.“