Tom Boonen möchte nicht, dass seine Töchter, die bald 10 Jahre alt werden, sich für den Radsport entscheiden: "Die Heuchelei der UCI ist gigantisch."

Radsport
Dienstag, 01 Oktober 2024 um 19:00
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Die Weltmeisterschaften 2024 sind Geschichte und in der letzten Woche in Zürich gab es viele denkwürdige Momente. Leider sind aber nicht alle auf eine gute Art und Weise erinnerungswürdig. So wurde in der letzten Folge von Sporza's Wielerclub Wattage die Frage gestellt:  "Wird diese Weltmeisterschaft in die Geschichte eingehen als Lotte Kopeckys Weltmeisterschaft, Tadej Pogacars Weltmeisterschaft oder die Weltmeisterschaft, bei der eine junge Frau ihr Leben verlor?"
"Leider wird das wohl die Weltmeisterschaft von Tadej und Lotte sein. Denn die Geschichte lehrt uns, dass so etwas immer recht schnell vergessen wird. Außer von der Familie und den Teamkollegen natürlich. Aber ich fürchte, das wird auch jetzt nicht anders sein", bedauert Tom Boonen, der Weltmeister von 2005, und bezieht sich dabei natürlich auf den tragischen Tod der Schweizer Juniorin Muriel Furrer nach einem Sturz im Straßenrennen der Juniorinnen.
Nach dem Sturz und der herzzerreißenden Nachricht von Furrers Tod haben sich viele in den sozialen Medien äußerst kritisch über die UCI geäußert, insbesondere über die Kommentare von David Lappartient im Anschluss an den Sturz. Der UCI-Chef behauptete (ohne jeglichen Beweis), dass 50 % der Stürze auf Fahrerfehler zurückzuführen sind, und gab damit scheinbar die Schuld für einen weiteren tödlichen Unfall bei einer von der UCI organisierten Veranstaltung in jüngster Zeit. Auch Boonen zeigte sich alles andere als beeindruckt vom Dachverband des Sports.
"Die Heuchelei der UCI ist enorm", wettert er. "Bei der Tour de France haben sie Julien Bernard beschuldigt, weil er bei seiner Familie angehalten hat, um sein Kind zu umarmen, und das als 'Imageschaden für den Radsport' bezeichnet. Aber was ist das? Meine Töchter werden 10 Jahre alt und sind auf der Suche nach einem Sport. Aber Radsport? Darauf habe ich wirklich keine Lust."
Der letzte Stand der Schweizer Polizei besagt, dass es keine Zeugen für Furrers Absturz gibt. Einige Berichte besagen, dass der 18-Jährige über eine Stunde lang unauffindbar im Wald liegen geblieben ist. fragt sich Boonen. "Und einfach jeden Abstieg versperren. Mit Strohballen oder etwas anderem, aber stellen Sie sicher, dass Sie nicht unter diese Barrieren gelangen können."
Die 18-jährige Muriel Furrer kam bei einem Sturz im Juniorinnen-Straßenrennen in Zürich tragisch ums Leben
Die 18-jährige Muriel Furrer kam bei einem Sturz im Juniorinnen-Straßenrennen in Zürich tragisch ums Leben
Auch Ex-Profi Jan Bakelants ist betroffen und übt scharfe Kritik: "Das macht uns wütend", so der Belgier. "Ich finde es unglaublich, wie sich der Sport weigert, in den Spiegel zu schauen und wie diese Art von Unfällen immer wieder passieren. Allein in den letzten 1,5 Jahren können wir von 3 tödlichen Unfällen bei von der UCI organisierten Rennen sprechen."
"Vor zwei Wochen, bei den Europameisterschaften in Hasselt, war ich in einer Art Podiumsdiskussion mit dem Arzt Xavier Bigard von der UCI", erklärt Bakelants. "Sie sagten: 'Wir untersuchen gerade, ob es tatsächlich mehr Vorfälle gibt als früher.' Aber diese Phase hätte längst vorbei sein müssen. Und der Ansatz, ob es mehr Vorfälle gibt, ist einfach irrelevant. Es geht darum, wie wir zu 0 Vorfällen kommen können, denn jeder Vorfall ist einer zu viel."
"Was mich auch stört, ist, dass jeder einen Abend lang Fotos mit der Nachricht RIP twittert", sagt Bakelants traurig, "aber am nächsten Tag gibt es einen neuen Nachrichtenstrom. Auf diese Weise gerät die Geschichte in den Hintergrund, und das ist es, worauf sich diese Art von Organisationen verlassen, um damit durchzukommen. So kann es nicht weitergehen."

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