PRESSEKONFERENZ Primoz Roglic | Ambitionen ohne Druck vor dem Rennen: „Wir haben noch eine offene Rechnung‘“

Radsport
Donnerstag, 03 Juli 2025 um 20:00
primoz-roglic-tour-de-france-imago1063531076
Primoz Roglic kommt von einem sehr enttäuschenden Giro d’Italia zurück. Der Slowene startete als großer Favorit in die Corsa Rosa, doch ein Sturz auf der schottrigen 9. Etappe zwang ihn letztlich zum Aufgeben. Jetzt richtet er seinen Fokus auf das, was für ihn und sein Red Bull – BORA – hansgrohe Team seit jeher das große Saisonziel ist: die Tour de France. Cyclinguptodate war bei der Pressekonferenz dabei und hat seine Worte direkt eingefangen.
Frage: Erzähl uns etwas über deine Konkurrenten.
Anwort: Ich muss die eigentlich gar nicht extra nennen. Schaut man, wie Jonas (Vingegaard) fährt, wie Remco (Evenepoel) fährt, ja... Was mich selbst betrifft, ist mir das gar nicht so wichtig. Wir wissen alle, welche Rennen ich noch gewinnen will, die ich bisher noch nicht geschafft habe. Klar, da ist noch etwas offen, „unfinished business“ sozusagen. Aber auf der anderen Seite – ob man jetzt gewinnt oder nicht, das hat mein Leben wirklich geprägt. Ich bin einfach froh und stolz, dass ich immer noch zur Tour de France kommen kann, Teil des größten Radsport-Events der Welt zu sein. Und jetzt geht’s einfach darum, von Tag zu Tag zu schauen.
Frage: Was hältst du von den ersten fünf, zehn und acht Etappen?
Anwort: Ehrlich gesagt, habe ich mir das nicht wirklich genau angeschaut. Vielleicht sollten wir morgen mal eine Besprechung machen, weil ich mir nicht ganz sicher bin, wie das Rennen genau verläuft. Man muss einfach überleben. Ich glaube, ich bin ein gutes Beispiel dafür, was die Tour de France vom letzten Jahr angeht. Man muss einfach durchkommen. Aufgeregt bin ich definitiv, ja.
Frage: Primoz, du wirkst entspannter denn je. Ist das eine bewusste Entscheidung? Im vergangenen Jahr hattest du viel Druck bei diesem Rennen und hast dir selbst enormen Druck gemacht. Wie gehst du damit um? Bist du jetzt wirklich entspannter?
Antwort: Ja, genau, wie ich schon sagte: Wir wissen, dass es bisher nicht so einfach lief, dass es noch nicht rund läuft und man sich nicht wohlfühlt. Wir versuchen, daraus zu lernen und Dinge so zu betrachten, dass sie einem wirklich helfen. Von diesem Standpunkt aus hilft mir das auf jeden Fall. Und wenn man die Fakten betrachtet, dann tritt man ja immer noch gegen dieselben Fahrer an. Das Rennen ist auf seinem eigenen Level, auch in den letzten Jahren.
Und wenn man bedenkt, dass ich nach dem Giro am Ende war. Ich war wirklich fertig. Ich habe aufgebaut, habe an mir gearbeitet, auch mit dem Material. Alles, was ich tun konnte, war Tag für Tag zu arbeiten. Ja, ich habe gelitten, war am Boden. Und wie gesagt, da draußen sieht man, ich habe niemandem etwas zu beweisen. Was das bedeutet, werden wir am Ende sehen. Aber das ist einfach der Weg, um vorbereitet zu sein – und dann vielleicht ein Glas Champagner zu trinken oder so etwas.
Frage: In den letzten Jahren hattest du einige schlechte Erfahrungen, Stürze, auch beim Giro. Hat das einen Einfluss auf deine Einstellung und Mentalität?
Antwort: Weißt du, bei manchen Dingen kann man im Leben sagen, dass es irgendwie auch deine eigene Schuld war. Vielleicht warst du einfach am falschen Ort, als etwas passierte. Am Ende spielt das auch keine große Rolle mehr, sondern es geht darum, wie man sich dabei fühlt und wie man damit umgeht. Ich versuche aus jeder Situation etwas zu lernen. Man lernt manchmal leichter, wenn etwas schiefgeht oder nicht so läuft, wie man es will. Wenn alles glatt läuft und man wirklich gut ist, ist es viel schwerer, realistisch in den Spiegel zu schauen und viel zu lernen. Andererseits sind es gerade die schlechten Erfahrungen, die dich schärfen. Ohne schlechte Dinge würdest du gar nicht wissen, was die guten Dinge sind. Für mich geht es am Anfang jeder Fahrt darum, aus etwas zu lernen.
Frage: Ist dir das bewusst gemacht worden?
Antwort: Ja, wenn man sich mit einem jungen Fahrer vergleicht, der unglaublich jung ist, und deine Geschichte so anders ist. Deine Geschichte ist fast magisch – mit den Stürzen und allem. Ich denke, ich stimme der Annahme zu, dass du deine eigene Geschichte schreibst. Du hast keine andere Geschichte. Und es ist eine großartige Geschichte. In vielerlei Hinsicht ist sie viel interessanter, als einfach von ganz oben zu kommen und das beste Team zu haben. Aus all diesen verschiedenen Situationen und diesem anderen Leben, das du lebst, zuzuschauen ist großartig. Wie empfindest du das?
Frage: Ist das auch etwas, wovon du noch dein ganzes Leben lang träumst?
Antwort: Nein, das ist eher so, dass ich das Leben ein bisschen realistisch sehe. Wie gesagt, ob ich gewinne oder nicht, es ist, wie es ist. Meine Familie, alle um mich herum, wir bleiben so, wie wir sind. Aber klar, es bleibt eine Herausforderung für mich, denn es geht darum, die Geschichten zu zeigen, die ich schon gezeigt habe, um an den Punkt zu kommen, an dem ich jetzt bin. Das ist der Weg. Das Ergebnis am Ende ist eben ein Ergebnis. Wenn du dein Bestes gibst, hast du manchmal das Beste, manchmal aber auch nur Platz zehn. Du kannst nur dich selbst kontrollieren, und wir alle – die Jungs um mich herum – geben unser Bestes. Wie ich schon oft gesagt habe: Wenn du viel Liebe und Einsatz zeigst, aber nicht gewinnst, dann ist das auch ein Teil des Rennens, das man der Öffentlichkeit und den Medien zeigt, so ist es eben. Was zählt, ist, wie ich immer sage: Es ist einfach ein weiterer Kampf. Jeder Tag, den wir leben, bringt uns auch dem letzten näher, den wir haben werden. Also ja, es ist wahrscheinlich, dass ich dem letzten Tag, den ich erleben werde, näher komme.
Frage: Gibt es einen Plan? Du hast ja gesagt...
Antwort: Oh ja, du musst bei der ersten Etappe anfangen. Wir haben die einzelnen Abschnitte nicht schon vorher fix geplant, sondern wir gehen Etappe für Etappe. Am Samstag starte ich in Etappe 1, und dann schauen wir, wie es läuft.
Frage: Du hast auch richtig gute Teamkollegen wie Florian Lipowitz. Wie arbeitet ihr zusammen? Er hat Rennen angeführt, hattet ihr eine Strategie?
Antwort: Genau. Wie gesagt, im Giro hatten wir starke junge Fahrer wie Giulio. Hier mit Florian hat er ein sehr hohes Niveau gezeigt, super stark in der Dauphiné. Warum also nicht hier bei der Tour de France? Wir werden es genauso angehen.
Klatscht 0Besucher 0
Schreiben Sie einen Kommentar