„Menschen, die ich gut kenne, werden im Radsport einfach fallen gelassen“ – Menschliche Folgen der Lotto‑Intermarché‑Fusion treffen Victor Campenaerts besonders

Victor Campenaerts hat mit ungewohnter Offenheit über die persönlichen Folgen der Fusion Lotto-Intermarché gesprochen und Domestique erzählt, dass Fahrer und Mitarbeiter, mit denen er eng zusammengearbeitet hat, am Ende der Saison 2025 ohne Verträge oder Klarheit dastehen.

Der Belgier fährt inzwischen für Team Visma | Lease a Bike, verbrachte jedoch fünf Saisons in zwei Etappen bei Lotto und räumte ein, dass er den Umbau des Teams mit Unbehagen verfolgt. Seine Sorge gilt weniger dem Projekt an sich als den Menschen, die davon betroffen sind.

„Es ist nie schön, wenn ein Team dichtmacht. Das ist generell nicht gut für den Radsport, weil dort Fahrer ihren Job verlieren. Mitarbeiter verlieren ihre Jobs. Das Management verliert seine Jobs“, sagte Campenaerts im Domestique Hotseat Podcast.

Anschließend brachte er die Realität noch schlichter auf den Punkt: „Es sind natürlich Menschen, die ich gut kenne, die einfach aus dem Radsport herausfallen. Und das ist natürlich nicht schön.“

Statt die Fusion zu kritisieren, sprach Campenaerts mit spürbarer Traurigkeit über jene, die keine neuen Aufgaben finden konnten — und mit leiser Hoffnung, dass die neue Struktur sich am Ende stabilisiert. „Ich hoffe, es bringt ihnen Gutes, diese Fusion. Wir werden sehen.“

Zu den Betroffenen gehörte sein Ex-Teamkollege Jared Drizners, der mehrere Wochen der Ungewissheit erlebte, bevor er schließlich für 2026 bei Red Bull - BORA - hansgrohe unterschrieb.

„Wenn man zusammen mit jemandem in deinem Team die Tour fährt, hat man ein lebenslanges Band mit dieser Person“, sagte Campenaerts rückblickend auf ihre gemeinsame Erfahrung.

„Er hat mich im Oktober kontaktiert. Ich habe mit Grischa Niermann gesprochen, aber ich wusste, dass diese Plätze bei uns im Team schon vergeben waren, und ich konnte ihm nicht helfen. Ich bin einfach so froh, dass er den Platz [bei Red Bull] gefunden hat“, erklärte er.

Wie Campenaerts betonte, ist Drizners jedoch bei Weitem nicht der einzige betroffene Fahrer — und nicht alle konnten einen neuen Vertrag unterschreiben. Die Ungewissheit betrifft ebenso Mitarbeiter und Management.

Die Fusion bildete den emotionalen Kern seines Auftritts, doch Campenaerts gab auch die gewohnt scharfen Einblicke in den mentalen Kampf, der seinen Rennstil prägt — besonders, wenn er am Limit bergauf fährt.

Er erinnerte sich an eine Metapher aus einer Bradley-Wiggins-Dokumentation, die hängen blieb. „Er beschrieb das Bergauffahren so, als würdest du deinen Kopf in einen Eimer Wasser stecken, und es dauert nicht lange, bis du nur noch eins willst: den Kopf aus dem Wasser bekommen und atmen“, sagte Campenaerts. „So fühlt sich Klettern ein bisschen an. Aber stell dir vor, neben dir steht jemand, der auch seinen Kopf in seinen Wassereimer steckt. Und du weißt einfach, oder bist überzeugt, dass er den Atem länger anhalten wird als ich. Ja, dann versuchst du es gar nicht erst.“

Für Campenaerts liegt der Schlüssel darin, Vertrauen in die eigene Leidensfähigkeit aufzubauen. „Sobald du dieses Selbstvertrauen hast, kannst du unglaublich tief gehen. Es ist ein mentales Spiel, wie du den Schmerz des Bergauffahrens angehst. Und sobald du sicher bist, dass du weißt: Ich kann diesen Schmerz aushalten.“

Er beschrieb auch die Widerstandskraft, die es braucht, um auf flachem Terrain an der Spitze zu fahren, besonders unter chaotischen Bedingungen. „Wenn es flach ist, hektisch, musst du in Position sein, und du brauchst so etwas wie einen Truck, der immer mit der Nase im Wind ganz vorne fährt und die Position in der ersten Reihe nicht hergibt. Das ist ein sehr harter Job.“