Der Giro d’Italia 2025 wurde mit einem Paukenschlag eröffnet. In Tirana feierte Mads Pedersen einen knappen Etappensieg und schlüpfte ins Rosa Trikot. Doch trotz seines zweiten Platzes war es einmal mehr
Wout van Aert, der das Zentrum der Aufmerksamkeit bildete. Der Belgier, zuletzt gesundheitlich angeschlagen, zeigte eine Leistung, die nicht nur Mut macht – sie kündigt etwas Größeres an.
Der Visma-Star war dem perfekten Comeback-Sieg bei seinem Giro-Debüt zum Greifen nah. Doch im Fotofinish musste er sich Pedersen geschlagen geben. Wieder einmal ein „Fast“-Moment für Van Aert – der nächste in einer langen Reihe. Zweiter bei Dwars door Vlaanderen, Zweiter beim Brabantse Pijl, Vierter bei der Flandern-Rundfahrt, Vierter bei Paris-Roubaix, Vierter beim Amstel Gold Race. Und nun Zweiter beim Giro-Auftakt. Doch wer glaubt, das sei ein Zeichen von Schwäche, irrt. Die Geschichte hat gezeigt: Wenn Wout van Aert eine Grand Tour mit einem zweiten Platz beginnt, dann ist das nicht das Ende der Geschichte – sondern ihr Anfang.
Ein kurzer Rückblick: Bei der Vuelta a España 2024 verpasste Van Aert auf Etappe 1 das Rote Trikot um drei Sekunden. Tags darauf wurde er erneut knapp geschlagen – diesmal im Sprint von Kaden Groves. Doch dann folgte der Durchbruch: Etappensieg auf Tag 3, später zwei weitere Erfolge und das Grüne Trikot – Van Aert wurde zur prägenden Figur des Rennens.
Noch auffälliger: Tour de France 2022. Drei zweite Plätze in den ersten drei Etappen. Viele sprachen von Pech – doch dann kam Etappe 4. Ein Solo-Sieg nach einer Attacke an der Côte du Cap Blanc-Nez, die in Erinnerung blieb. Weitere Etappensiege folgten, inklusive eines Zeitfahr-Triumphs – und Van Aert wurde zur dominierenden Figur der Tour.
Auch die aktuelle Saison verlief bislang gedämpft. Kein einziger Sieg im Frühjahr, ungewöhnlich für einen Fahrer seines Kalibers. Doch das war auch 2023 und 2024 nicht anders – und trotzdem folgten später starke Resultate. Van Aert baut seine Form klug auf, nicht um im März zu glänzen, sondern in den Momenten, in denen Geschichte geschrieben wird.
Der Giro ist für Van Aert noch Neuland – aber sein Ziel ist klar: Er will Etappensiege bei allen drei Grand Tours. Das Rosa Trikot am ersten Tag wäre ein historischer Moment gewesen. Doch wer Van Aert kennt, weiß: Er fährt nicht für Symbolik – er fährt, um zu gewinnen. Und er hat noch 20 Etappen Zeit. Was diesen Giro besonders macht: Van Aert ist nicht allein. Das Team Visma | Lease a Bike fuhr taktisch perfekt. Er wurde im Anstieg und im Sprint exzellent unterstützt. Der Unterschied zwischen Sieg und Niederlage lag in Zentimetern – nicht in Form, Taktik oder Einsatz. Sein heutiger Auftritt beweist: Er ist wieder da. Und mit ihm die Gefahr für alle, die Rosa, Punkte oder Etappensiege wollen.
Wenn Wout van Aert auf einer Grand Tour Etappe 1 mit einem zweiten Platz beendet, ist das kein Grund zur Sorge – sondern ein Warnsignal für die Konkurrenz. In der Vergangenheit war dies stets der Auftakt zu etwas Großem. Und alles deutet darauf hin, dass das auch 2025 so sein wird.
Denn manchmal ist Timing alles. Und Van Aerts Zeit? Die ist jetzt.