Marlen Reusser: Warum ihr Wechsel von SD Worx zu Movistar ein Volltreffer war

Radsport
durch Nic Gayer
Sonntag, 02 November 2025 um 11:18
MarlenReusser (3)
Am Ende des Jahres 2024 verlor das Team SD Worx-Protime mit Demi Vollering, Niamh Fisher-Black und Marlen Reusser gleich drei Schlüsselfahrerinnen, die allesamt eine herausragende Saison 2025 hinlegten. Besonders die Schweizerin zeigte keinerlei Rückschritte gegenüber Vollering und erreichte in ihrem 34. Lebensjahr ihr bislang bestes Niveau – nur wenige Fahrerinnen weltweit konnten ein vergleichbares Jahr vorweisen.

Schlechtes Jahr bei SD Worx führt zum Ausstieg

Reusser zählte schon zuvor zur Weltspitze. 2023 triumphierte sie mit Etappensiegen bei der Tour de France Femmes, der Itzulia Women (Gesamtwertung), der Tour de Suisse (Gesamtwertung), bei Gent-Wevelgem und den Europameisterschaften. Doch 2024 bremste sie ein langer Covid-Verlauf aus. Nach Monaten des Kampfes musste sie ihre Saison im Juni beenden – ein schwieriges Jahr für die erfahrene Fahrerin. Mit 33 Jahren stand sie vor der Herausforderung, sich in einem Feld zu behaupten, das zunehmend von jüngeren Generationen geprägt wird.
Auch innerhalb von SD Worx kriselte es. Das Team war schlicht überbesetzt. Anders als bei den Männern des UAE Team Emirates - XRG bot der Rennkalender im Frauenradsport nicht genug Raum, um so viele Spitzenfahrerinnen unterzubringen. Bei Namen wie Vollering, Reusser, Lotte Kopecky, Lorena Wiebes, Blanka Kata Vas, Niamh Fisher-Black und Mischa Bredewold schienen Reibungen unvermeidlich. Trotz unterschiedlicher Spezialisierungen waren individuelle Ambitionen allgegenwärtig.
Reusser war eine der dominierenden Figuren des Jahres 2025. @Imago
Reusser war eine der dominierenden Figuren des Jahres 2025. @Imago

Verwandlung in eine Kletterin

Mit einem Dreijahresvertrag bei Movistar begann für Reusser ein neues Kapitel – und ihre Kletterqualitäten traten sofort wieder hervor. Die Schweizerin präsentierte sich stärker am Berg als je zuvor. Zwar verlief ihr Saisonstart zäh, doch ab Mai zündete sie den Turbo. Trotz ihres höheren Gewichts gegenüber den reinen Kletterinnen beeindruckte sie mit überragenden Zeitfahrwerten – ein Fahrertyp wie einst Miguel Indurain: kraftvoll, effizient und brandgefährlich auf jedem Terrain.

Schweizer Dominatorin

Bei der Vuelta Femenina belegte Reusser Rang zwei hinter Vollering und überzeugte selbst an steilen Rampen mit ungewohnter Leichtigkeit. Danach gewann sie die Vuelta a Burgos Feminas (vor Elisa Longo Borghini) und die Tour de Suisse Women (vor Vollering) mit Etappensiegen im Zeitfahren und am Berg. Ein weiterer nationaler Zeitfahrtitel stärkte ihr Selbstvertrauen vor dem Giro Donne, wo sie das Auftaktzeitfahren in Bergamo für sich entschied.
Elisa Longo Borghini gewann am Ende die italienische Grand Tour, musste dafür aber ihr absolutes Topniveau abrufen. Reusser blieb ihr dicht auf den Fersen und beendete das Rennen nur wenige Sekunden dahinter. Bei der Tour de France Femmes hätte sie um den Sieg kämpfen können, musste jedoch aufgrund einer Magenverstimmung bereits am ersten Tag aufgeben.

Welt- und Europameisterin

Doch Reusser war noch nicht fertig. Anderthalb Monate später startete sie bei den Weltmeisterschaften in Kigali und dominierte das Zeitfahren nach Belieben. Sie sicherte sich ihr erstes Regenbogentrikot – mit 51 Sekunden Vorsprung auf Anna van der Breggen. Im Straßenrennen zeigte sie erneut Stärke, musste sich aber nach einem taktischen Fehler im Finale mit Rang zwei begnügen.
Wenige Tage später gewann sie in Frankreich das EM-Zeitfahren – ihr vierter Titel in dieser Disziplin, ganz im Stil von Remco Evenepoel. SD Worx blieb zwar auch 2025 stark besetzt, doch die abgewanderten Fahrerinnen feierten anderswo Erfolge. Besonders Reussers Wechsel zu Movistar erwies sich als Glücksgriff: Er brachte sie zu ihrem absoluten Leistungszenit.
Marlen Reusser
Zum ersten Mal in ihrer Karriere wurde Reusser Eliteweltmeisterin. @Sirotti
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