Der Auftakt der Tour de Romandie Féminin hätte ein Fest des Frauenradsports werden sollen. Statt Jubel und spannenden ersten Rennkilometern stand jedoch eine Kontroverse im Mittelpunkt, die den Start komplett überschattete: Gleich sechs WorldTour-Teams wurden ausgeschlossen, noch bevor ein einziges Pedal getreten wurde. Der Grund: ihre Weigerung, an einem verpflichtenden GPS-Tracking-Test teilzunehmen, den der Radsportweltverband
UCI als Sicherheitsmaßnahme einführen wollte.
UCI verteidigt Sicherheitsinitiative
In einer ausführlichen Stellungnahme bedauerte die UCI das Verhalten der betroffenen Mannschaften und warf ihnen vor, die gemeinsamen Anstrengungen zur Verbesserung der Fahrersicherheit zu sabotieren. Der GPS-Test sei als Generalprobe für die Straßen-Weltmeisterschaften 2025 in Kigali gedacht gewesen. Bei dieser Premiere sollte pro Team jeweils ein Fahrer ein nur 63 Gramm schweres Ortungsgerät mitführen. Damit wolle man im Falle von Stürzen schneller reagieren und den medizinischen Support effizienter koordinieren.
Die UCI betonte, dass die Teilnahme am Test verpflichtend gewesen sei und die Teams bereits am 7. August über die Regeln informiert worden wären. Auch beim obligatorischen Sportdirektorentreffen vor Rennbeginn sei die Maßnahme erneut erläutert worden.
Die Position der Teams
Fünf WorldTour-Mannschaften – darunter Canyon//SRAM, EF Education-Oatly, Lidl-Trek, Team Picnic PostNL und Visma | Lease a Bike – weigerten sich, den geforderten Fahrer zu benennen. Sie verwiesen auf ungelöste Fragen zu Haftung, technischer Umsetzung und möglichen Auswirkungen auf die Leistung. Besonders heftig kritisierte EF-Teamchef Jonathan Vaughters die UCI-Strategie, Teams die Auswahl des „GPS-Trägers“ selbst zu überlassen, anstatt einen Fahrer zentral zu bestimmen. Für ihn sei es „falsch, eine WorldTour-Veranstaltung als Testgelände zu benutzen“ und unzumutbar, dass Teams selbst entscheiden müssten, wer „das Opfer“ sei.
Politische Untertöne
Brisant ist ein weiterer Aspekt, den die UCI in ihrer Erklärung nicht unerwähnt ließ: Die meisten disqualifizierten Teams gehören der Organisation Velon an, die ein eigenes GPS- und Telemetriesystem entwickelt. Zwischen Velon und der UCI herrscht seit Jahren eine angespannte Beziehung, insbesondere in Fragen der Datenrechte. Die Andeutung eines möglichen Interessenkonflikts dürfte die ohnehin gereizte Stimmung weiter anheizen.
Konsequenzen und Ausblick
Für das Rennen bedeutet der Vorfall einen herben sportlichen Verlust: Mit den disqualifizierten Teams und der krankheitsbedingten Absage von Topfavoritin Demi Vollering fehlt dem Feld ein erheblicher Teil seiner Leistungsdichte. Die UCI hat bereits angekündigt, mögliche weitere Sanktionen zu prüfen. Ob dies zu Disziplinarstrafen, einer Neuauflage der GPS-Debatte oder gar zu einem grundsätzlichen Umdenken in der Umsetzung solcher Tests führen wird, ist offen.
Fest steht: Die Kontroverse hat einmal mehr gezeigt, wie fragil das Gleichgewicht zwischen sportlicher Governance, technischer Innovation und den Interessen der Teams im Profiradsport ist. Die Tour de Romandie Féminin 2025 ist damit nicht nur sportlich, sondern auch politisch eines der aufsehenerregendsten Rennen des Jahres.