„Das sollte ihm mal jemand sagen…“ – Zwischen UAE und Visma brodelt es wie selten zuvor

Radsport
durch Nic Gayer
Dienstag, 22 Juli 2025 um 14:00
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Die Tour de France 2025 ist nicht nur ein physischer Kraftakt, sondern ein psychologisches Duell von bislang kaum gekannter Schärfe – ausgetragen zwischen den beiden über Jahre dominierenden Mannschaften: UAE Team Emirates – XRG und Team Visma - Lease a Bike. Was als sportliche Rivalität zwischen Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard begann, ist inzwischen zum offenen Schlagabtausch zwischen ihren Teams geworden – verbal und taktisch, vor und nach der Ziellinie.
Der gegenseitige Respekt zwischen Pogacar und Vingegaard scheint noch intakt, doch im Umfeld der beiden Stars bröckelt die Fassade. Vor allem Wout Van Aert ließ am Sonntag nach der Etappe, die UAE-Helfer Tim Wellens für sich entschied, keinen Zweifel daran, wie angespannt das Verhältnis ist.

"Es ist komisch, dass Tadej das sagt"

Zuvor hatte Pogacar beim dänischen TV-Sender TV2 süffisant angemerkt: „Wenn ich in Jonas' Situation wäre, wäre ich heute Abend nicht der glücklichste am Esstisch.“ Eine Bemerkung, die Van Aert sofort konterte – scharf, pointiert und ungewöhnlich direkt.
„Es ist schon komisch, dass Tadej das sagt, denn er wollte eindeutig den späteren Etappensieger Tim Wellens in der Ausreißergruppe haben, also haben sie im Grunde das Gleiche getan“, sagte Van Aert dem Het Nieuwsblad. Die Spitze zielte klar auf das, was Visma als doppelte Standards in der Teamtaktik der UAE empfindet – und auf das, was Van Aert als scheinheilige Kritik wertet.
Doch der Belgier legte noch nach: „Unsere Gruppe war 25 Fahrer stark, und alle wollten sich der Ausreißergruppe anschließen. Hätte sich Tadej einfach in das Feld zurückfallen lassen, in dem sich Jonas befand, hätte er echten Sportsgeist gezeigt. Jetzt beschwert er sich über etwas, das gar nicht da ist.“
Es war der deutlichste öffentliche Konter eines Visma-Fahrers im bisherigen Verlauf der Tour – und er blieb nicht ohne weiteren Seitenhieb. „Mir ist auch aufgefallen, dass Matteo keinen Platz bekommen hat“, sagte Van Aert mit Blick auf Pogacars Teamkollegen Matteo Jorgenson. „Vielleicht hat Tadej noch nicht gemerkt, dass Matteo in der Gesamtwertung bereits eine halbe Stunde verloren hat. Das sollte ihm mal jemand sagen.“
Die Kommentare zeigen: Es geht längst nicht mehr nur um Etappen, Wattzahlen und Taktik. Die Tour 2025 ist emotional aufgeladen, geprägt von unterschwelliger Gereiztheit und offenem Misstrauen. Die jahrelange Vorherrschaft der beiden Superteams hat das Rennen geprägt – nun droht sie, es zu spalten.
Ob sich der verbale Schlagabtausch nun auch auf der Straße niederschlägt, bleibt abzuwarten. Doch eines ist klar: Diese Tour ist mehr als ein Kampf um Gelb – sie ist ein Duell zweier Systeme, zweier Philosophien, zweier Ego-Zentren. Und das Brodeln hat längst den Siedepunkt erreicht.
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