Die 11. Etappe der
Tour de France 2025 war ein Paradebeispiel dafür, wie schmal der Grat zwischen sportlichem Anstand und rennentscheidender Taktik im Radsport verlaufen kann. Als
Tadej Pogacar kurz vor dem Ziel stürzte, reagierte das Peloton mit Respekt:
Jonas Vingegaard,
Remco Evenepoel und Co. warteten – das Rennen wurde neutralisiert.
Diese noble Geste sorgte allerdings für eine hitzige Debatte im TNT Sports-Studio. Während die Ex-Profis
Robbie McEwen,
Adam Blythe und
Zdenek Stybar das Verhalten des Feldes einhellig lobten, stellte Moderatorin Orla Chennaoui eine unbequeme Frage: Verstehen die Zuschauer überhaupt, warum das Rennen plötzlich zum Stillstand kommt?
„Wenn du so gewinnst, wirst du nie wirklich glücklich sein“
„Es gibt keine Regel – aber es war 1.000.000% das Richtige“, stellte McEwen klar. Die Frage sei nicht, ob Pogacar stürzte, sondern wie es passierte. „Niemand hat Druck gemacht. Niemand hat attackiert. Das war einfach Pech.“ Auch Blythe und Stybar sahen keinen Grund für einen Angriff. „Wenn jemand vorne Vollgas gibt und dann stürzt – okay, das ist Rennsport. Aber hier war das nicht der Fall.“
Stybar betonte, dass ein Sieg, der durch einen Sturz des Gegners begünstigt wird, einen bitteren Beigeschmack behält. „Wenn man so gewinnt, ist man nie wirklich glücklich. Du willst mit klarem Kopf gewinnen – du willst, dass es sich richtig anfühlt.“
„Als Fan fragt man sich: Warum habe ich dann den ganzen Tag zugesehen?“
Chennaoui stellte hingegen die Fanperspektive in den Vordergrund – und die ist weniger eindeutig. „Ich weiß, wie sehr die Leute den Respekt im Peloton schätzen. Aber als Sportfan ist man manchmal enttäuscht“, sagte sie. „Wenn ein Rennen plötzlich abbricht, fragt man sich: Was passiert jetzt? Wo ist die Spannung?“
Für viele Zuschauer sei schwer nachvollziehbar, warum ein Sturz das Renngeschehen entschleunigt – besonders nach Stunden voller taktischer Spannung. „Es ist keine Regel, es ist eher ein Ehrenkodex – und der ist für Außenstehende nicht immer verständlich.“