"Die Ärzte sagten: Sie werden vielleicht nie symptomfrei sein" - Jay Vine offen und ehrlich über seine anhaltenden Probleme nach dem Unfall in Itzulia

Radsport
Samstag, 03 Mai 2025 um 14:45
vine
Jay Vine zeigt sich 2025 in beeindruckender Form. Der Australier hat bereits drei Saisonsiege eingefahren, zuletzt eine Etappe bei der Tour de Romandie. Dass er nur ein Jahr nach seinem schweren Sturz bei der Baskenland-Rundfahrt 2024 wieder auf diesem Niveau fährt, ist alles andere als selbstverständlich – auch für ihn selbst.

Vom Krankenhausbett zurück an die Spitze

„Ich habe mich wirklich darauf gefreut, den Giro mit Tadej zu fahren. Das war das große, große Ziel für dieses Jahr“, sagt Vine im Gespräch mit Cycling News. „Ich war enttäuscht, dass ich das nicht mit Tadej machen konnte, aber nach dem Unfall – ich meine, jeder Tag war wie ein Segen. Ich bin der glücklichste Pechvogel der Welt, so wie sich der ganze Unfall am Ende abgespielt hat. Ich konnte erst laufen, dann fahren und dann wieder Rennen fahren.“
Bilder von Vine mit Halskrause im Krankenhausbett kursierten nach dem Horror-Crash weit über die sozialen Medien – ein Mahnmal für die Zerbrechlichkeit im Radsport. Seine Rückkehr ist umso bemerkenswerter, da er bis heute unter den Folgen leidet.
„Die Genesung war langwierig, und ich hatte während des gesamten Rennens immer noch Rückenprobleme. Ich muss den Rest meines Lebens Reha machen, weil ich einen gequetschten Wirbel habe – und den kann man nicht wieder aufrichten“, erklärt er. „Die Reha machte Fortschritte, aber die Ärzte sagten: Sie werden vielleicht nie symptomfrei sein. Es wird nur allmählich besser, und man lernt, damit umzugehen.“

Fokus auf Sicherheit und Familie

Seit dem Sturz denkt Vine noch bewusster über Sicherheit nach – im Rennen wie im Alltag. „Ich bin früher nie extreme Risiken eingegangen, das war schon so. Ich bin einer der langsamsten Leute im Training, weil es absolut keinen Grund gibt, Risiken einzugehen. Ich bin bis heute noch nie bei einer Trainingsfahrt gestürzt, Gott sei Dank.“
Was sich jedoch verändert hat: Seine Perspektive. „Die Überlegung, wie ich mich am besten um meine Familie kümmern kann, steht jetzt viel mehr im Vordergrund – das ist sicher.“
Vine gewann die Tour de Romandie im Alleingang mit einem perfekt getimten späten Angriff
Vine gewann die Tour de Romandie im Alleingang mit einem perfekt getimten späten Angriff

Jay Vine fordert mehr Sicherheitsbewusstsein im Profiradsport

Nach seinem schweren Sturz im Jahr 2024 spricht Jay Vine nicht nur über seine sportliche Rückkehr, sondern auch über ein Thema, das ihm besonders am Herzen liegt: die Sicherheit im Radsport. Der Australier sieht hier großen Nachholbedarf – besonders im Vergleich zu anderen Bereichen des Sports.

„Beim Thema Sicherheit sind wir im finsteren Mittelalter“

„Meiner Meinung nach ist der Sport in Bezug auf die Sicherheit immer noch ein sehr alter Sport“, kritisiert Vine offen. „In den letzten zehn Jahren haben wir große Fortschritte gemacht – bei Ernährung, Reifen, Taktik, Training, Aero-Kleidung. Aber wenn es um Sicherheit geht, befinden wir uns immer noch im finsteren Mittelalter. Es gibt keine zusätzliche Abschirmung im Lycra oder so. Es gibt keinen Gehirnerschütterungstransponder in den Helmen.“
Für Jay Vine ist klar: Die UCI muss handeln und klare Standards setzen, um Fahrer besser zu schützen. „Wenn sie eine Regel aufstellen, verändert das den Sport“, erklärt er. „Ein bisschen wie in der Formel 1, als sie den Halo einführten – ab dem Moment gab es keine Autos mehr ohne Halos.“
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