Die 6. Etappe der Vuelta a España 2025 brachte große Verschiebungen in der Gesamtwertung und ein Wechselbad der Gefühle für UAE Team Emirates – XRG. Während
Jay Vine nach einer langen Solofahrt den Etappensieg und das Bergtrikot eroberte, stürzte Juan Ayuso endgültig aus dem Kreis der Favoriten. Joao Almeida konnte im Finale nicht mit Jonas Vingegaard und Giulio Ciccone mithalten. Neuer Gesamtführender ist der Norweger Torstein Træen.
Frühe Attacken und die Gruppe des Tages
Schon vom Start weg war das Tempo hoch: Gleich zu Beginn wartete die Collada de Sentigosa (11,1 km bei 4,2 %), die sofort für ein aufgeriebenes Feld und unzählige Attacken sorgte. Erst im oberen Teil des Anstiegs konnte sich eine nennenswerte Gruppe absetzen. Zehn Fahrer bildeten schließlich die Fluchtgruppe: Jay Vine, Lorenzo Fortunato, Louis Vervaeke, Bruno Armirail, Torstein Træen, Pablo Castrillo, Gianmarco Garofoli, Ramses Debruyne, Archie Ryan und James Shaw.
Vine ließ von Beginn an seine Ambitionen erkennen und sicherte sich die ersten Bergpunkte, als er den Gipfel der Sentigosa vor Vervaeke und Fortunato überquerte. Im Feld schien das Team Visma | Lease a Bike, das in Rot mit Jonas Vingegaard die Gesamtwertung anführte, keinen Druck verspüren zu wollen. Die Niederländer kontrollierten das Geschehen, hielten den Abstand zunächst bei etwa 30 Sekunden und ließen die Gruppe dann langsam ziehen.
Visma gibt das Rennen bewusst frei
Am langen Anstieg zur Collada de Toses (24,4 km bei 3,5 %) nahm Vervaeke das Tempo in der Spitzengruppe in die Hand und überquerte vor Vine und Fortunato den Gipfel. Damit sammelte er wertvolle Punkte für die Bergwertung und fuhr zeitweise sogar virtuell ins Bergtrikot.
Im Peloton blieb die Stimmung gelassen. Visma ließ den Abstand anwachsen, und bei Regen auf der Abfahrt setzte sich die Gruppe endgültig ab. 70 Kilometer vor dem Ziel betrug der Vorsprung mehr als vier Minuten, wenig später fast sechs Minuten. Damit lagen gleich mehrere Ausreißer – darunter Træen, Armirail, Vervaeke und Fortunato – virtuell in Führung der Gesamtwertung.
Die Taktik von Visma war klar erkennbar: Man war bereit, das Rote Trikot an einen Fahrer aus der Fluchtgruppe abzugeben, um die Verantwortung für die Rennkontrolle loszuwerden. Eine klassische Grand-Tour-Strategie, die Energie spart und Druck von der Mannschaft nimmt.
Nervosität im Finale
Auf dem Alto de la Comella (4,2 km bei 8 %) erhöhte das Peloton schließlich das Tempo. Der Vorsprung der Ausreißer schrumpfte auf rund fünf Minuten, doch ernsthaft gefährden konnte das Hauptfeld die Gruppe nicht mehr. 22 Kilometer vor dem Ziel war die Ausreißergruppe noch komplett, wenn auch sichtbar nervös vor dem entscheidenden Schlussanstieg.
Die erste Attacke kam überraschend auf der Abfahrt der Comella: Jay Vine nutzte das Risiko bergab und setzte sich mit rund 15 Sekunden Vorsprung ab. Diesen Vorteil nahm er mit in den Schlussanstieg zum Alto de Pal (9,6 km bei 6,5 %). Dort lag Vine allein vorn, dahinter die Verfolgergruppe, rund 25 Sekunden zurück. Das Feld folgte mit fast vier Minuten Rückstand.
Vine siegt solo, Træen übernimmt Rot
Auf den letzten zehn Kilometern spielte Vine seine Kletterstärke voll aus. Er baute seinen Vorsprung schnell auf fast eine Minute aus, während Torstein Træen aus der Verfolgergruppe attackierte und gleichzeitig den Blick auf das Rote Trikot richtete. 5 km vor dem Ziel lag Vine über eine Minute in Front, Træen jagte dahinter, das Feld weiterhin mehr als fünf Minuten entfernt.
Vine ließ sich nicht mehr einholen. Mit großem Vorsprung erreichte er das Ziel in Andorra, feierte einen emotionalen Etappensieg und übernahm zudem das Trikot des Bergkönigs. Træen wurde starker Zweiter und belohnte sich mit der Gesamtführung.
Ayuso bricht ein, Almeida unter Druck
Für UAE war es dennoch ein bitterer Tag. Juan Ayuso verlor früh den Anschluss an die Favoritengruppe und verabschiedete sich damit aus allen Ambitionen auf die Gesamtwertung. Joao Almeida konnte zwar länger mithalten, musste jedoch im Schlussanstieg die Attacken von Jonas Vingegaard und Giulio Ciccone passieren lassen. Beide setzten im Finale klare Zeichen und fügten UAE weitere Sekundenverlust zu.
Während Vine also den Tag seines Lebens erlebte, endete die Etappe für UAE mit einem schmerzhaften Dämpfer. Træen trägt nun Rot, und die Karten im Kampf um die Vuelta-Gesamtwertung wurden neu gemischt.