„Das werde ich nie lernen“ – Wie Oscar Onley über sich hinauswuchs und die Tour de France eroberte

Oscar Onley, der sensationelle Vierte der Tour de France, war eine der eindrucksvollsten Entdeckungen der diesjährigen Rundfahrt. Der junge Schotte beeindruckte nicht nur mit seiner Leistung, sondern auch mit seiner ungewöhnlichen Entwicklung zum Profi. Schon als Jugendlicher erkannten Talentspäher sein Potenzial – doch es dauerte bis zum Alter von 20 Jahren, bis Onley sich wirklich zeigte.

Innerhalb weniger Monate schoss er aus dem Schatten ins Rampenlicht: Vom weitgehend unbekannten Fahrer wurde er im Herbst 2022 zum ernstzunehmenden Gegner von Tour-Sieger Jonas Vingegaard beim CRO Race. Entscheidend waren Details – kleine Schwächen, die ihn lange bremsten.

„Er weiß, was er kann – aber auch, wo es hakt“, erklärt Rudi Kemna, Sportdirektor beim WorldTour-Team Picnic PostNL, gegenüber der Wielerrevue. „Positionierung, Abfahrten – das waren seine Baustellen. Klettern konnte er immer, aber seine größte Stärke ist sein unbedingter Wille, sich zu verbessern. Er geht aus seiner Komfortzone – das macht ihn besonders.“

Onleys Lernbereitschaft zahlte sich schnell aus. Schon in seinem zweiten Jahr bei der U23 zeigte er deutlich bessere Leistungen. Wenig später, 2023, unterschrieb er seinen Profivertrag bei Picnic PostNL – der nächste logische Schritt.

Kemna erinnert sich an das erste Trainingslager mit Onley in Calpe. „Bergauf fuhr er sofort mit den Besten. Aber bergab – da war er Letzter. Wirklich Letzter. Als er begann, mit einem Abfahrtstrainer zu arbeiten, war das ein Kampf. Er sagte selbst: ‚Das werde ich nie lernen.‘“

Doch er lernte. Und wie.

„Früher kam er von Platz 80 auf 20 – jetzt startet er den Anstieg auf Platz 20 und bleibt dort. Als er merkte, dass er mit den Besten mithalten kann, wuchs sein Selbstvertrauen. Ab da ging es schnell.“

In nur drei Jahren hat sich Oscar Onley vom stillen Talent zum selbstbewussten WorldTour-Profi entwickelt – mit einem klaren Ziel: Ganz nach vorn.